Nach Anschlag auf "Charlie Hebdo": Künstler und Schriftsteller bekunden Solidarität
Wir sind Charlie: Nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" erklären Künstler und Schriftsteller im Netz und bei Aktionsabenden ihre Solidarität. Ihr Ziel: Diversität mit Freiheit zu vereinen.
Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq, der in seinem nächste Woche auch auf Deutsch erscheinenden Roman „Unterwerfung“ ein muslimisches Frankreich imaginiert, hat sich nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ aus Paris zurückgezogen. Er trauere, wie sein Verlag Flammarion mitteilte, um den Tod seines Freundes Bernard Maris, der bei dem Anschlag auf die Satirezeitschrift ums Leben kam. Außerdem will er „Soumission“bis auf Weiteres nicht mehr bewerben.
Die deutsche Buchbranche hat auf Initiative des Börsenvereins unterdessen eine Internetseite für Solidaritätsbekundungen mit „Charlie Hebdo“ eingerichtet. Unter WirsindCharlie.de haben sich bereits Dutzende von Buchhandlungen und Verlagen eingetragen. Das Deutsche Theater Berlin kündigt für Montag, den 12. Januar, einen Aktionsabend unter dem Titel „Je suis Charlie“ an.
Der britische Schriftsteller Ian McEwan, der sich in seinem Roman „Saturday“ mit islamistischem Terror auseinandersetzte, hat auf seiner Website www.ianmcewan.com ein Statement zum Anschlag veröffentlicht. „Ein mörderischer und sich selbst heiligender radikaler Islam zieht mittlerweile auf der ganzen Welt Psychopathen an“, heißt es darin. „Er hat sich nie gescheut, die Liste seiner Hassobjekte kundzutun: Bildung, Toleranz, Vielfalt, Vergnügen und vor allem Meinungsfreiheit, die Freiheit, die allem anderen zugrunde liegt. Noch wichtiger als diese Abstraktionen sind die Menschen, die Dschihadisten hassen und ermordet haben: Kinder, Schülerinnen, Schwule, Frauen, Atheisten, Nichtmuslime und viele, viele Muslime. Dieser Liste müssen wir nun die mutige und aufgeweckte Belegschaft von ,Charlie Hebdo“ hinzufügen, die dem Hass mit Lachen entgegen- zutreten hoffte. Das Gemetzel von Paris ist eine Tragödie für die offene Gesellschaft.“
Ian McEwan: "Dunkle Nacht für die geistige Freiheit"
McEwan nennt in dieser „dunklen Nacht für die geistige Freiheit“ dennoch „einige schwache Punkte des Lichts: die ruhigen, entschlossenen Menschenansammlungen in vielen französischen Städten; die Hoffnung, dass die allgemeine Abscheu vor diesen Mördern eine verbindende Wirkung haben könnte; die Tatsache, dass eine auf Hass gegründete Sekte zerbrechlich ist und nicht überdauern wird; die Tatsache, dass die Psychopathen in der Minderheit sind.“
Der in Oxford lehrende Historiker Timothy Garton Ash hat eine einwöchige Solidaritätserklärung europäischer Medien vorgeschlagen, die die Wiederveröffentlichung von Cartoons aus „Charlie Hebdo“ einschließt. Sie sollen bei dieser Gelegenheit erneut bekräftigen, dass alle Europäer, Muslime eingeschlossen, sich dem Recht auf freie Meinungsäußerung verpflichtet fühlen, jenem Recht, „das allein uns befähigt, Diversität mit Freiheit zu vereinen. Sonst wird der Einspruch der Attentäter obsiegen.“ Anderenfalls würde gewalttätigen Extremisten mit anderer Ausrichtung, laut Garton Ash, vermittelt: „Wenn ihr euer Tabu durchsetzen wollt, besorgt euch eine Waffe.“ (Tsp)