Ihre Ehe symbolisiert Amerikas Spaltung: Kellyanne und George Conway sind das bizarrste Paar der USA
Sie ist die Beraterin Trumps, er ein Feind des amerikanischen Präsidenten. Mittlerweile greifen sie sich auch gegenseitig an. Die Kolumne Spiegelstrich.
Klaus Brinkbäumer war zuletzt Chefredakteur des „Spiegel“ und arbeitet heute als Autor unter anderem für „Die Zeit“. Sie erreichen ihn unter Klaus.Brinkbaeumer@extern.tagesspiegel.de oder auf Twitter unter @Brinkbaeumer.
Wie das wohl ist, wenn die Eheleute Kellyanne und George Conway, die Beraterin und der Feind des amerikanischen Präsidenten, am späten Abend ins Familienheim kommen? Vielleicht so: „Hello my Love, wie war dein Tag? Und wie geht's deinem Boss?“ „Tröste mich, my Love, Biden hat zwölf Prozent Vorsprung.“ Nein, so nicht.
So? Zwei reiche und erfolgreiche Eheleute betreten ihre Villa im Abstand von zwei Stunden, zuerst er, später sie, essen getrennt, sprechen getrennt mit den vier (erwachsenen) Kindern, machen getrennt noch ein bisschen weiter mit Mails und Anrufen, gehen in getrennte Schlafzimmer, sehen einander nicht, sagen einander nichts.
Ja, so wird es sein, und mich überrascht das selbst: wie mich Washingtons Klatsch beschäftigt, obwohl mich in Deutschland die „Bunte“ niemals so erfreuen konnte wie die „Yacht“. Die Conways aber sind Amerikas Ehepaar: Sie erleben die Polarisierung, die Verbitterung, den Hass direkt und daheim.
Wie sich die USA gewandelt haben. 1960 sagten 5 Prozent der Republikaner und 4 Prozent der Demokraten, dass sie dagegen seien, wenn ihr Kind jemanden aus der anderen Partei heiraten würde. 2010 waren 49 Prozent der Republikaner und 33 Prozent der Demokraten dagegen.
Dann schaltete sich Trump ein
George Conway, im sonstigen Leben Anwalt in New York, twittert mit Axt und Florett über Trump: „RECHT UND ORDNUNG!“, schrieb er am Samstag und garnierte seinen Spott mit Fotos vom golfenden Präsidenten. Kellyanne Conway machte am Samstag Twitterpause, ist aber ohnehin langweiliger: Sie lobt und preist halt ihren Präsidenten, und wenn eine amerikanische Rakete abhebt, schreibt sie „Godspeed“ – „Gute Reise“.
Lange achteten die beiden die Schutzzone, die eine Ehe ja sein sollte, griffen einander nicht an. Das ist vorbei. Als Kellyanne ein Video verspöttelte, in dem Joe Biden seltsamerweise über Beinbehaarung philosophierte („Sleepy Joe is Creepy Joe. Und wir sollen die Hilfe der Ukraine nötig haben, um diesen Typen zu schlagen?“), antwortete George: „Dein Chef scheint das zu glauben.“
Und als George böser und aggressiver denn je gegen Trump anschrieb („Soziopath“, „Rassist“, „Krimineller“, „zutiefst psychisch krank“), schaltete sich Trump ein: „SEHR eifersüchtig auf den Erfolg seiner Frau“: und „Ich kenne ihn kaum, aber seht ihn euch nur an, ein eiskalter Verlierer.“ Da Trump es nie genug sein lassen kann, schoss er noch „whack job“ (ungefähr: Knalltüte) und „er schadet seiner Frau enorm“ hinterher.
Spielen die Conways das perfekte Spiel?
Es gibt ja nun zweifellos unterschiedliche Ehen. Während ich über diese Kolumne nachdenke, stelle ich via Twitter die Frage, mit wem sich die Conways vergleichen ließen. Antworten: Cäsar und Kleopatra. Charles und Diana in der Endphase. Mary Matalin und James Carville – Matalin arbeitete für die republikanischen Präsidenten George H.W. Bush, Ronald Reagan und George W. Bush, während ihr Mann Stratege für die Demokraten war.
Das allerdings war vor der Geburt der sozialen Medien; Matalin und Carville erklärten, dass sie zuhause nicht über Politik redeten, und schon war Ruhe. Schließlich: John und Martha Mitchell – er war Richard Nixons Sicherheitsberater, sie bekämpfte Nixon wegen Watergate und wegen Vietnam.
Aber endlich zurück zum Klatsch: In Washington wurde zunächst spekuliert, dass die Conways das perfekte Spiel spielten, scheinbar zerstritten und eben dadurch gemeinsam noch reicher und noch berühmter; nun heißt es, sie würden nicht mehr gemeinsam gesehen, Trump habe diese Ehe so zerstört wie den Rest des Landes. George bremst sich nicht mehr. „Ihre Frau ist eine Ermöglicherin und eine Cheerleaderin“, schreibt ihm ein Reporter, „welches Spiel aber spielen Sie?“ Der Ehemann antwortet: „Sie ist beides, ja. Das heißt aber nicht, dass ich spiele.“
Klaus Brinkbäumer