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Touristenattraktion. Das Geburtshaus von Kar Marx in Trier.
© dpa/picture-alliance/Thomas Frey

Chinesische Besucher in Trier: Inneres Zwiegespräch im Karl-Marx-Haus

Dank, Verehrung aber auch scharfe Kritik: Wie sich die chinesischen Besucher im Gästebuch des Geburtshauses von Karl Marx in Trier äußern.

Tausende von Chinesen besuchen jedes Jahr das Geburtshaus von Karl Marx in Trier. Mit unzähligen Einträgen haben sie sich dabei im Gästebuch verewigt. Der aus Schanghai stammende Sprach- und Kulturwissenschaftler Yong Liang von der Universität Trier hat die Gästebücher ausgewertet: erst 77 Bände aus den Jahren 1975 bis 2005, dann weitere von 2010 bis 2012. Vor dem bevorstehenden 200. Geburtstag von Marx am 5. Mai hat er nun die jüngsten Bände untersucht. Die Einträge reichen von „Alter Genosse Marx, wir vermissen Dich“ über „Mein Lehrer, zeigen Sie uns bitte die Marschrichtung!“ bis zu „Die Kommunistische Partei ist unmenschlich“. Solche Bemerkungen, sagt Liang, gehörten zu einer eigenen Textsorte: „Man hat meistens nur wenig Zeit, muss schnell sein – und man ist auch nicht immer alleine.“

Nicht selten führten die chinesischen Besucher – ein knappes Viertel der jährlich insgesamt 40 000 Gäste kommt aus der Volksrepublik – „ein inneres Zwiegespräch“. Sie sähen das Karl-Marx-Haus „wie eine Art Kirche oder Tempel.“ Und wagen dabei auch Widerworte. So schreibt ein Besucher: „Die Philosophie von Karl Marx muss mit der Zeit gehen. Wenn der Herr heute noch leben würde, würde er niemals zulassen, dass die Nachkommen seine Theorie so uminterpretieren.“ Und ein anderer: „Alter Marx, du hast 1,3 Milliarden Menschen großen Schaden zugefügt.“ Für Liang sind die Eintragungen, die in der Mehrzahl positiv seien, „ein Fenster“, durch das man einen kleinen Einblick in das Denken der Chinesen bekomme. Unter ihnen seien auch emotionale Langtexte, Skizzen und auch Gedichte. Die Volksrepublik China hat der Stadt Trier eine von dem Bildhauer Wu Weishan entworfene Marx-Statue geschenkt, die demnächst in einer Höhe von 6,30 Metern auf dem Simeonsplatz aufgestellt werden soll. dpa/Tsp

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