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Nike Wagner
© dpa/Oliver Berg

Nike Wagner wird 70: Im Zeichen der Siegesgöttin

Beißhemmungen hat sie nie gehabt, aber enormes intellektuelles Format. Jetzt wird Nike Wagner, Urenkeling des Komponisten, 70 Jahre alt.

Ihr Gesicht gleicht dem Cosima Wagners, ihren Vornamen hat sie von der Göttin des Sieges übernommen. Doch die Eroberung Bayreuths ist Nike, der Urenkelin Wagners, trotz mehrfacher Anläufe nicht gelungen. Am 9. Juni 1945 geboren, wächst das dritte Kind von Wieland Wagner noch in Haus Wahnfried auf. Nach dem frühen Tod des Vaters übernimmt dessen Bruder Wolfgang Wagner die alleinige Kontrolle über die Festspiele auf dem Grünen Hügel. Die Wieland-Linie sieht sich ausgebootet.

Nike studiert Literatur-, Theater- und Musikwissenschaften, in der Forschung und auf Kongressen findet sie ein neues Zuhause. Mit ihren geschliffenen Vorträgen und brillanten Büchern („Wagner Theater“) avanciert sie zum intellektuellen Stachel im Sitzfleisch der fränkischen Festspieldynastie. Auch in der Hoffnung, man würde sie eines Tages als thronfähig erkennen. Doch es geht schmutzig zu im Nachfolgegerangel, auch Nike hat keine Beißhemmungen, als sie Gudrun Wagner mangelndes intellektuelles Format vorwirft. Eine Fremdsprachensekretärin soll über Frau Dr. phil. obsiegen? Unmöglich!

Zehn Jahre lang leitet Nike Wagner das Kunstfest Weimar, dessen Titel „Pélerinages“ sie dem Werk von Franz Liszt entlehnt, ihrem Ururgroßvater, mit dem sie die mangelnde Anerkennung durch Bayreuth teilt. Zumindest zu Liszts 200. Geburtstag will sie für ein Festkonzert den Grünen Hügel übernehmen. Doch die Türen des Festspielhauses bleiben ihr einmal mehr verschlossen. Von Weimar geht Nike Wagner nach Bonn, um das Beethovenfest als Intendantin bis zum 250. Geburtstag des Namensgebers 2020 neu zu organisieren. „Ein Festival in seinem widerborstig-eigenwillig-kreativen Geist“ schwebt ihr vor. Das ins Schlingern geratene Verfahren zur Berufung eines neuen GMD für das Orchester der Beethovenhalle entwickelt sich zu einer ersten Belastungsprobe am Rhein. Es wird nicht die letzte sein.

Und Bayreuth? Künstlerisch kein Thema mehr für sie, versichert Nike Wagner – und diagnostiziert Bayreuth zugleich eine tiefe, nicht besonders fruchtbare Krise. Politisch hat sie den Kampf um ihr Erbe nicht aufgegeben und erwägt Klage: „Mein Familienzweig – Wieland Wagners geistigem Erbe verpflichtet – kämpft schon seit Langem gegen das Aushöhlen der Rechte der Stifterfamilie in der Stiftung.“ Aus der Verwandtschaft kann man nicht austreten. Schon gar nicht, wenn sie Wagner heißt.

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