68. Berlinale: Im Ernst jetzt
Die Pressekonferenz der diesjährigen Berlinale ist gestraffter. Die Nachfolge von Festivalleiter Dieter Kosslick und "MeToo" werden auch thematisiert.
Es ist Dieter Kosslicks erster Presseauftritt nach den Diskussionen um seine Leitungsfunktion. Anmerken lässt er sich nicht, dass ihn die Kritik auch persönlich getroffen hat, aber der Ton ist ein anderer auf dieser Pressekonferenz, Kosslicks vorletzter: weniger jovial, ohne Witzeleien: „Die Spaßbremsen möchten das ja nicht“, meint er mit einem Seitenhieb gegen seine Kritiker, die ihm ständig seine Unterhalterqualitäten vorwerfen. Jetzt sei die Debatte aber schon Geschichte, wirft er beschwichtigend ein, die Entscheidung über die Zukunft der Berlinale liege bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Alle weiteren Fragen zur künftigen Struktur des Festivals bittet er an seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin zu richten, in zwei Jahren.
Der Ablauf der traditionellen großen Berlinale-Pressekonferenz wurde gestrafft. Die Sektionsleiterinnen und -leiter stellen ihr Programm nur noch in kurzen Videos vor, die auf der Website des Festivals nachgeschaut werden können. Den Fragen der Medienvertreter soll mehr Platz eingeräumt werden. Zunächst aber werden ein paar Personalien verkündet. Zum Beispiel die Jury unter Tom Tykwer, die mit der belgischen Schauspielerin Cécile de France, Chema Prado, dem ehemaligen Leiter des spanischen Filmarchivs, der für „Moonlight“ oscarprämierten Produzentin Adele Romanski, dem Komponisten Ryuichi Sakamoto und der US-Filmkritikerin Stefanie Zacharek durchaus fachkundig besetzt ist.
„MeToo“ ist das andere große Thema, das die Berlinale prägen wird, erst recht nach dem „Nobody’s Doll“-Aufruf von Anna Brüggemann. Hier springt Maike Mia Höhne, die Kuratorin der „ Shorts“, Kosslick zur Seite – damit dem bloß nicht auch noch der Vorwurf des „Mansplaining“ anhaftet. Eine Resolution plane man vonseiten der Berlinale nicht, das Kuratorenteam setzen sich seit jeher für Vielfalt und Toleranz ein. Ein Blick in die Statistik bestätigt dies: 2018 kamen 33 Prozent der knapp 8000 Einreichungen von Regisseurinnen, im Programm hat sich der Anteil der Regisseurinnen noch einmal um gut fünf Prozent erhöht.
Das Thema „Gleichbehandlung“ wird ernst genommen, das belegen nicht nur die Zahlen, sondern auch diverse Sonderveranstaltungen und Podiumsdiskussionen. Und immerhin hat im vergangenen Jahr mit Ildikó Enyedi eine Regisseurin den Goldenen Bären gewonnen. Ihr Debütfilm „Mein 20. Jahrhundert“ von 1989 läuft übrigens in restaurierter Fassung in einem Nebenprogramm. Dafür gibt es einen Treuepunkt.