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Agent Provocateur Kanye West erklärt sich in der Talkshow von Jimmy Kimmel.
© Randy Holmes/dpa

Kanye West bei Jimmy Kimmel: Ihre Durchlaucht Ye

Kanye West hat sich bei Talkmaster Jimmy Kimmel erstmals zu seinen bizarren Aussagen geäußert.

In Zeiten, in denen sich das amerikanische Staatsoberhaupt als „stabiles Genie“ rühmt, hat der Nimbus des „genialen Künstlers“ viel von seinem Glanz verloren. Kanye West ist, wie man inzwischen weiß, Trump-Fan, käme aber nie auf die Idee, seinen Geschäftssinn und seine Kreativität auf seine mentale Stärke zurückzuführen. „I am bipolar. And it’s awesome!“ prangt auf dem Cover seines aktuellen Albums „Ye“, Herzstück eines fünfteiligen Opus Magnum, das West nach seiner Entlassung aus einer psychiatrischen Behandlung vor 18 Monaten gewissermaßen im Schlaf produzierte. Genie und Krankheit sind im Werk von „Yeezus“ untrennbar verschmolzen. Solch ein Gesamtkunstwerk, das sich dem Verständnis Normalsterblicher qua Grandiosität entzieht, bedarf in regelmäßigen Abständen selbstverständlich einer Interpretation. Am Donnerstag ließ sich Kanye West dazu herab, seinen Fans in ganzen Sätzen – und nicht bloß in 280 Zeichen auf Twitter, eine weitere Eigenart, die er mit dem Commander-in-Chief teilt – Rede und Antwort zu stehen.

Psychogramm schwarzer Männlichkeit in Amerika

Sein Auftritt in der Talkshow „Jimmy Kimmel Live“ war seine erste ausführliche Stellungnahme, nachdem er sich auf Twitter erst mit roter Trump-Baseballcap („Make America Great Again“) gezeigt und sich kurz darauf im Fernsehen zu der bizarren Behauptung verstiegen hatte, dass 400 Jahre Sklaverei nichts anderes gewesen sei als ein selbstgewähltes Schicksal. Wer nun eine Entschuldigung für seine idiotische Sklaverei-Bemerkung oder gar eine Erklärung für seine Unterstützung Trumps erwartet hatte, kennt Kanye West natürlich schlecht. West, der von sich meist in dritter Person als Kunstfigur „Ye“ spricht, weicht in nebulöse philosophische Exkurse über die Simulation unserer Realität aus. Zu Trump sagt er lediglich, es gehe ihm nicht um Politik. Er habe aber keine Lust, sich von anderen seine Meinung vorschreiben zu lassen. Als West auf die Frage, ob er glaube, dass Trump sich stärker für Afroamerikaner einsetze als George W. Bush nach dem Hurrikan Katrina, in Schweigen verfällt, erlöst Kimmel ihn mit dem Werbeblock.

Ohne in das Interview zu viel hineinzulesen, verrät Wests Performance einiges über das Psychogramm schwarzer Männlichkeit im heutigen Amerika. Es geht ihm tatsächlich nicht um Politik. Wie West wiederholt anklingen lässt, hat er sich als schwarzer Geschäftsmann das Privileg erarbeitet, sagen zu können, was er will, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dieser Subtext ist aus afroamerikanischer Perspektive durchaus bemerkenswert. Als weißer Milliardär kann man es damit sogar zum US-Präsidenten schaffen.

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