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Kirill Serebrennikow.
© Emile Ducke/dpa

Russischer Regisseur vor Gericht: „Ich habe nichts gestohlen“

Erster Tag im Prozess gegen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow.

Gleich mehrmals macht der russische Regisseur Kirill Serebrennikow am Mittwoch vor dem Moskauer Bezirksgericht seine Ratlosigkeit deutlich: „Ich verstehe jedes einzelne Wort, aber ich verstehe nicht ihren Sinn“, sagt der Künstler im Mestschanski-Bezirksgericht in seiner ersten Erwiderung auf die Anklage. Die russische Staatsanwaltschaft wirft ihm und seinen Mitangeklagten die Veruntreuung von umgerechnet zwei Millionen Euro vor. Es geht um Subventionen für das Theaterprojekt „Platforma“ und überhöhte Rechnungen für die Produktion von Stücken. „Ich habe mich nicht schuldig bekannt und werde mich nicht schuldig bekennen. Ich habe nichts gestohlen“, sagt der 49-Jährige in der Verhandlung. Die Anklage sei nicht nur absurd, sie sei ihm völlig unverständlich. Seit elf Monaten steht Serebrennikow unter Hausarrest.

Auch russische Oppositionelle halten die Anschuldigungen für konstruiert und deuten sie als Symptom dafür, wie der Staat mit unbequemen Künstlern umgeht. Zahlreiche Intellektuelle sind deshalb vor und im Gericht erschienen, um ihre Solidarität mit Serebrennikow zu zeigen. Darunter die Schriftstellerin Ljudmilla Ulitzkaja, die Regisseure Alexej Utschitjel und Juri Bykow sowie die Menschenrechtsaktivistin Soja Swetowa.

Die Anklage fußt auf der Aussage einer einzigen Zeugin

Staatsanwalt Oleg Lawrow verliest eine Klage, die in einer Tonlage gehalten ist, als gehe es um einen schweren Fall von Bandenbildung. Serebrennikow und die drei Mitangeklagten hätten eine kriminelle Gruppe „mit klarer Rollenverteilung“ gebildet. Der Regisseur sei der Kopf der Verschwörer gewesen, der das Geld aus dem Kulturministerium organisierte. Dort habe eine Mitangeklagte dafür gesorgt, dass die Verwendung der Mittel nicht kontrolliert wurde, während ein weiterer Angeklagter Verträge mit befreundeten Unternehmern abschloss. In diese seien völlig überhöhte Kosten eingetragen worden.

Die Anklage fußt auf der womöglich durch einen Deal mit der Staatsanwaltschaft zustande gekommenen Aussage einer einzigen Zeugin, der ehemaligen Buchhalterin von „Platforma“, die sich schuldig bekannte. Auf dieser schmalen Basis gelang es der Staatsanwaltschaft, 254 Bände Beweismittel zusammenzustellen. Serebrennikows sarkastischer Komment: „An einem bestimmten Moment hatte ich den Eindruck, dem Staatsanwalt ist der Drucker kaputtgegangen. Er hat immer wieder das Gleiche ausgedruckt.“ Der Prozess wird an diesem Donnerstag fortgesetzt.

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