Thor - die Comics zum Film: Göttliches Gemetzel
Der Blockbuster „Thor: Tag der Entscheidung“ bedient sich bei vielen Comicvorlagen. Ein Überblick über die Inspirationsquellen des Films.
Sei es eine überlieferte Saga, eine religiöse Prophezeiung oder eine kulturelle Vorstellung - den Weltuntergang malt man sich seit jeher als entsetzliches Endzeitspektakel aus. So auch im „Ragnarök“ der nordischen Mythologie, in der ganze Götterdynastien und verfeindete Völker in einem alles vernichtenden Krieg zugrunde gehen. Diese klassische Germanenlegende vom Ende der Welt floss bereits in verschiedene Kunstgattungen ein, etwa in Richard Wagners Opernzyklus „Der Ring der Nibelungen“ oder in Gemälde und Illustrationen des deutschen Malers Emil Doepler.
Das legendäre Marvel-Duo Stan Lee und Jack Kirby adaptierte die Asen-Apokalypse zudem 1968 als Comic. Nachdem Autor Lee und Zeichner Kirby den Donnergott Thor aus der nordischen Götterwelt Asgard bereits im August 1962 ins Marvel-Comicuniversum eingeführt hatten, thematisierten sie den Ragnarök in einer eigenen Storyline erst sechs Jahre später: Als der Troll Ulik das Muskel-Monster Mangog aus einer unterirdischen Höhle befreit, will es aus Rache an Allvater Odin den Ragnarök heraufbeschwören. In diesem durch spannende Cliffhanger gekonnt inszenierten Comic, der auf Deutsch im Sammelband „Marvel Klassiker: Thor“ bei Panini wieder abgedruckt wird, kann der heldenhaft Hüne jedoch – so viel darf an dieser Stelle verraten werden – das drohende Unheil gerade noch rechtzeitig abwenden.
Der Weltuntergang als wütendes Inferno
Weitaus verheerender als in diesem Comic-Klassiker gestaltet sich das Ende allen Seins in „Thor: Ragnarök“ von Michael Avon Oeming, Daniel Berman und Andrea di Vito aus dem Jahre 2004. Der Comic ist eine Grundlage des neuen Films um den Donnergott, der jetzt im Kino angelaufen ist. Hier entbrennt der Weltuntergang als wütendes Inferno tatsächlich, auch trotz Heldenbeistand von Thors Superhelden-Kollegen Captain America und Iron Man. Obwohl die Geschichte etwa durch den Auftritt dieser beiden anderen Avengers klar im Comicuniversum angesiedelt ist, mutet die sechsteilige Saga doch auffällig mythologisch an: Denn passend zu Oemings und Bermans merklich aufwendig recherchierten Texten berücksichtigen di Vitos detailverliebte Bilder von einer anderen Welt eine Vielzahl von überlieferten Inhalten, Akteuren und Orten des Ragnaröks aus der nordischen Mythologie.
Sie beginnen im Prolog ihres Epos etwa mit der Erschaffung der Welt aus den organischen Überresten des erschlagenen Riesen Ymir durch den Allvater Odin und seine beiden Brüder Vili und Vé. Ebenso tritt die brutale Brut von Thors Erzfeind und Halbbruder Loki im Comic auf: Dazu zählen der von seinen Ketten befreite Fenriswolf, die unheilvolle Midgardschlange sowie die Todesgöttin Hel. Inmitten des hitzigen Gefechtes zwischen Eisregen, Feuersturm und Blitzgewitter treten zudem das fliegende Totenschiff Naglfar, der Feuerriese Surtur und Thors anderer Halbbruder Vidar auf. Und auch die Walküren, die laut mythologischer Vorlage die im Kampf ehrenvoll gefallenen Krieger namens Einherjer nach Walhalla führen, dürfen in dieser Fehde natürlich nicht fehlen.
Erfrischender Gegenpol zu den konventionellen Marvel-Geschichten
Die Künstler setzen den Ragnarök mit all seinem Gräuel und Verderben überraschend unverblümt in Szene. Sie verklären den chaotischen Kampf zwischen Asen und Riesen in keiner Weise, und so sterben auf den teils schwermütig stimmenden Seiten viele Krieger und Vertraute Thors. Fans der Comics und Liebhaber der Mythologie müssen schwer durchatmen, wenn die Regenbogenbrücke namens Bifröst zerbricht, Thors mächtiger Uru-Hammer Mjölnir zerschellt und seine Geliebte Sif einen Arm verliert. Auch der Donnergott selbst muss bis zum Äußersten gehen, wenn er an den Wurzeln der Weltenesche Yggdrasil mehr als ein Auge in den Brunnen von Mimir wirft, um von einer erhofften Weisheit erleuchtet zu werden.
„Thor: Ragnarök“ überzeugt mit einer gut auf die Handlung abgestimmten Seitenarchitektur, Bildfrequenz und Kolorierung als ein Stück sequenzielle Kunst. Dabei schaffen die Künstler insbesondere durch die diversen Bezüge zur nordischen Mythologie einen erfrischenden Gegenpol zu den konventionellen Marvel-Geschichten. Thor-Fans bietet diese Storyline eine interessante Neuinterpretation des asgardischen Armageddon, allerdings eignet sich die Lektüre nicht unbedingt für jüngere Leser.
Bunte Unterhaltung für die ganze Familie
Der dritte eigenständige Thor-Film, der hierzulande unter dem Titel „Thor: Tag der Entscheidung“ gestartet ist, bietet hingegen bunte Unterhaltung für die ganze Familie: Chris Hemsworth spielt erneut den Prinzen von Asgard und muss mit dem listigen Loki (Tom Hiddleston) sein Königreich gegen die Todesgöttin Hela (Cate Blanchett) verteidigen. Dabei hilft ihnen der unglaubliche Hulk (Mark Ruffalo). Und wenn so ein grüner Gamma- Goliath mitmischt, sind doch auch die wütenden Kräfte in einer Götterdämmerung gleich schon wieder viel ausgeglichener verteilt. Eine ausführliche Rezension finden Sie hier.
Der Film ist der nunmehr 17. Teil des groß angelegten Marvel Cinematic Universe, orientierte sich in seiner Entstehung aber auch an Vorlagen aus dem Comic-Universum. So basieren die Filmszenen mit einem wütenden Hulk in einer Gladiatorenkluft frei auf der mehrteiligen Comic-Serie „Planet Hulk“, die 2006 startete: Als sich in den Comics der große Helden-Zwist „Civil War“ anbahnte, beratschlagten sich die führenden sechs Superhelden-Superhirne über den Verbleib von Banners Alter Ego Hulk. Denn, so ihr Gedanke, würde eine der verfeindeten Parteien den prinzipiell unbezwingbaren Hulk zum Gegner haben, wäre sie automatisch im strategischen Nachteil. Deshalb einigten sich die „Illuminati“ – bestehend aus Professor Charles Xavier von den X-Men, Reed Richards von den Fantastic Four, Dr. Strange, Black Bolt von den Inhumans, Iron Man und Namor, der Submariner – kurzerhand darauf, den Hulk fernab von allem irdischen Gezänke zu bugsieren und ihn dazu ins All zu schießen.
Welche Abenteuer der grüne Wüterich infolgedessen auf dem fremden Planeten Sakaar durchstehen muss, wie er vom Sklaven zum Gladiator und sogar zum König aufsteigt und schließlich die Liebe einer Außerirdischen gewinnt, kann man in den beiden Sammelbänden „Planet Hulk“ nachlesen.
Doch als sich der Hulk gerade an sein neues Leben gewöhnt hat, reißt die Zerstörung seiner neuen Heimat sein Leben erneut aus den Fugen. Wieder macht er die Illuminati für sein Leid verantwortlich und tritt seine Rückkehr zur Erde verständlicherweise verärgert an. Dass ihm in seinem Zorn auch der Rest der Welt nicht gerade grün ist, schildern die Autoren Greg Pak und Peter David sowie die Zeichner John Romita Jr., Lee Weeks und Rafa Sandoval in der fünfteiligen Fortsetzungsreihe „World War Hulk“.
Da auch bei diesem Rachefeldzug schnell eine Weltuntergangsstimmung aufkommt, gleichen sich Thors und Hulks Schicksalswege also zumindest in ihrem Ursprungsmedium, dem Comic. Nun werden sie auch im Film gemeinsam gegen Finsternis und Verdammnis ins Rennen geschickt: So ist in jedem Falle göttliches Geplänkel garantiert.
Einen Überblick über aktuelle und neu aufgelegte Thor-Comics gibt es bei Panini unter diesem Link.
Leonard Hillmann
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität