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Tugan Sokhiev
© David Beecroft

Tugan Sokhiev dirigiert die Berliner Philharmoniker: Frühlingsfest der puren Schönheit

Tugan Sokhiev ist zurückgekehrt ans Pult der Berliner Philharmoniker - und dirigiert einen französischen Abend mit Fauré, Ravel und Franck.

Unendlich kostbar sind schon die ersten Takte: Als würde er die Umrisse eines menschlichen Körpers nachzeichnen, beschreiben Tugan Sokhievs Hände eine mäandernd von oben nach unter verlaufende Bewegung. Und die Berliner Philharmoniker geben ihm genau jenen sinfonischen Klang von zartester, edelster Textur, den er sich erhofft.

Gabriel Faurés „Pelléas et Mélisande“- Suite steht am Anfang dieses rein französischen Abends, mit dem der russische Dirigent gewissermaßen als Gast im eigenen Haus auftritt. Denn auch das Deutsche Symphonie-Orchester, dessen Musikchef er noch bis zum Sommer ist, hat seine künstlerische Heimat ja am Kulturforum. Sokhievs erste Begegnung mit den Philharmonikern datiert aus dem Jahr 2010, also noch vor dem Beginn seiner Liaison mit dem DSO, und dass er auch nach seinem Amtsantritt bei der Konkurrenz weiterhin regelmäßig eingeladen wurde, zeugt von hoher Wertschätzung seiner Arbeit seitens der Rattle-Truppe.

Ein Meister ist der 38-Jährige vor allem als Stimmungs- und Klangfarbenzauberer. Wie Blütenkelche im Morgensonnenschein entfalten sich Faurés melancholische Melodien, als feingeistiger maître de plaisir arrangiert Tugan Sokhiev sorgsam Licht- und Schattenwurf.

Bei Ravel: Jazz statt Pathos

Um Sublimierung in ihrer kunstvollsten Form geht es ihm danach auch bei Maurice Ravels Klavierkonzert. Wobei hier nicht romantisches Pathos wie bei „Pelléas“ verfeinert wird, sondern die Ausdruckspalette von Jazz und Expressionismus. Scharfkantiger, frecher, more edgy genommen, macht Ravels 1932 uraufgeführtes Werk zwar mehr Effekt – Sokhiev aber weiß sich hier im vollsten Einverständnis mit seinem Solisten Jean-Yves Thibaudet. Federleicht nimmt der seinen Part in den hochvirtuosen Ecksätzen, in schönster, ungekünstelter Schlichtheit gelingt ihm das „Adagio assai“, an dessen absichtsvoll unschuldiger Natürlichkeit der Komponist einst so lange herumgefeilt hatte, dass er darüber fast verzweifelte.

Was Tugan Sokhiev meint, wenn er sagt, die Musik müsse durch den ganzen Körper des Interpreten, bevor sie sich in zweckdienlichen Dirigierbewegungen manifestiere, ist in César Francks Sinfonie zu erleben: Mit den wunderbar atmenden Streichern, mit den betörenden Bläsersolisten, ja mit dem ganzen hochmotivierten Orchester zelebriert der russische Maestro diese kraftvolle Partitur – nicht als ersatzreligiöse Musikmesse, sondern als Frühlingsfest der puren Schönheit.

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