Im Kino: Thomas Vinterbergs "Die Kommune": Freiheit und Schmerz
Thomas Vinterbergs autobiografisches Filmdrama "Die Kommune" erzählt vom Preis der Freiheit.
Schon die Farben sprechen Bände. Braun, beige, dunkelblau, die Erinnerung hat Patina angesetzt. Schön war die Zeit, am Anfang zumindest. Als Erik, der Architekt (Ulrich Thomsen), und seine Frau Anna, die berühmte TV-Nachrichtensprecherin Anna (Trine Dyrholm), das Haus seiner Eltern erben und eine Kommune gründen, weil Kleinfamilie auf die Dauer langweilig ist. Als man per Handheben über neue Mitbewohner, die Bierkasse und die Spülmaschinenfrage entschied und der verrückte Ole im Garten alles verbrannte, was die anderen Kommunarden im Haus herumliegen ließen.
Privatbesitz? Geld? Egal. Man teilt, was man hat, sprich: Erik und Anna finanzieren das Ganze. Bis Anna sich ihren Mann mit dessen Studentin Emma (Helene Reingaard Neumann) teilen soll. Sie versucht es tapfer, schlägt selber Emmas Einzug vor. Aber sie schafft es nicht. Von wegen Patina: Das Bild verdüstert sich.
„Die Kommune“ entstand nach Thomas Vinterbergs gleichnamigem Theaterstück, als autobiografischer, kritischer Rückblick. Anders als Oskar Roehlers Abrechnungen mit der Linken („Quellen des Lebens“, „Tod den Hippies“) verteufelt Vinterberg seine Elterngeneration nicht. Der auf der Berlinale uraufgeführte Film hegt sichtlich Sympathien für jene, die mit vollem Risiko andere Lebensformen ausprobierten – oft auf Kosten der Kinder. Annas und Eriks pubertierende Tochter, Vinterbergs Alter Ego, beobachtet die Erwachsenen mit großen Augen, probiert selber die erste Liebe, den ersten Sex, ist überfordert, profitiert aber auch.
Ein tolles Solo für Trine Dyrholm. Die Gruppendarstellung misslingt Vinterberg
Erik, der Macho mit labilem Selbstbewusstsein, wird von niemandem in die Schranken gewiesen, als er Anna auf dem Altar der Libertinage opfert und in die Einsamkeit treibt. Keine Spur von Solidarität: Auf Annas Unglück reagiert die Kommune mit Sprachlosigkeit. So wird der Film zum Solo für Trine Dyrholm. Ihr Porträt einer lebenslustigen, selbstständigen Frau, die an ebenjener Freiheit zerbricht, von der sie selber träumt, trägt „Die Kommune“ bis zum bitteren Ende jener Hausversammlung, in der selbst die eigene Tochter für Annas Auszug plädiert.
Als Ensembleregisseur versagt Vinterberg allerdings. Anders als im Dogma-Meisterstück „Das Fest“ findet er weder für die Psychologie der Protagonisten noch für die Psychodynamik des Kollektivs eindringliche Bilder. Die Wohngemeinschaft bleibt ein stererotypes Tableau, mit Sponti, Hippie-Frau, Alternativ-Eltern und Quoten-Ausländer. Das Augenmerk richtet sich auf den brutalen Preis der Rebellion, während der Aufbruch selber sich mit Standardszenen (Nacktbaden, Essensgelage) bescheiden muss. Und die Verkrustung der althergebrachten bürgerlichen Gesellschaft bleibt gleich ganz außen vor.
Ab Donnerstag in zehn Berliner Kinos. OmU: Hackesche Höfe, Kino in der Kulturbrauerei, Neues Off (dort auch mit engl. U)
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