Deutsche Oper Berlin: Faust trifft Auge
In der kommenden Saison startet die Deutsche Oper Berlin eine Neubefragung der Werke Giacomo Meyerbeers und setzt die Benjamin-Britten-Reihe fort. Zunächst aber gilt es, die sechsmonatige Umbauphase zu überstehen.
"Bitte entschuldigen Sie, dass wir hier so politbüromäßig auftreten", eröffnet Dietmar Schwarz am Freitag die Jahrespressekonferenz der Deutschen Oper Berlin. Zu sechst haben sie im Foyer Platz genommen, rechts und links des Intendanten sitzen Generalmusikdirektor Donald Runnicles, Geschäftsführer Thomas Fehrle, Operndirektor Christoph Seuferle sowie Dorothea Hartmann und Jörg Königsdorf von der Dramaturgie. Weil sie auch sonst ganz eng zusammenarbeiten, erklärt Schwarz, wollen sie die Saison 2014/15 gemeinsam vorstellen.
Teamgeist ist in der Tat gefragt, denn dem Haus steht eine sechsmonatige Schließung bevor. Am 9. Juni geht die letzte Vorstellung über die Bismarckstraßen-Bretter, dann beginnen die Erneuerungsarbeiten an der Obermaschinerie. Fast alles, was aus dem Bühnenhimmel herabgelassen werden kann, muss ausgetauscht werden. Wenn sich am 27. November dann der Vorhang wieder hebt, wird die technische Ausstattung auf modernstem Stand sein. 20 Millionen Euro macht der Senat insgesamt für die Ertüchtigungsarbeiten locker.
Auf grasgrünem Papier sind im neuen Spielzeitbuch jene Aktivitäten zu finden, die sich außerhalb des Stammhauses abspielen werden. Weiß leuchten dagegen die Seiten, auf denen man das Programm nach der Wiedereröffnung findet. Zum Warmwerden mit der neuen Bühnentechnik sind zunächst Repertoirestücke angesetzt, die erste Neuinszenierung feiert ihre Premiere am 25. Januar 2015. Donald Runnicles hat sich Dmitri Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk" gewünscht, ein Stück, das er seit 1987 dirigiert. Mit Evelyn Herlitzius und John Tomlinson steht seine Traumbesetzung für die Hauptrollen zur Verfügung, die Inszenierung besorgt Ole Anders.
Mit Giacomo Puccinis "La Rondine" will Tenorstar Rolando Villazon im März seine Zweitbegabung als Regisseur unter Beweis stellen. Sträflich selten wird Puccinis in Paris und an der Riviera spielender Edelkitsch-Schmachtfetzen von 1917 aufgeführt. Villazons Fantasie aber hat das Stück laut Schwarz sofort entflammt: "Rolando sprüht nur so vor Ideen!"
Der Intendant und sein Team denken gerne in langfristigen Zyklen, und so gibt es auch 2014/15 Neuinszenierungen von Hector Berlioz respektive Benjamin Britten: Berlioz’ verrückte "Romeo und Julia"-Fassung, in der die Nebenfiguren singen, während das Liebespaar nur instrumental präsent ist, wird in Sasha Waltz’ Mailänder Choreografie gezeigt, als Kontrapunkt zu Berlioz nicht minder experimenteller "Damnation de Faust" gibt es Charles Gounods pompöse, melodienselige Grand-Opéra-Fassung des Goethe- Dramas (Regie: Philipp Stölzl).
Auf Brittens "Peter Grimes" und "Billy Budd" (Premiere: 22. Mai) folgt im November im Haus der Berliner Festspiele "The Rape of Lucretia" - die Kammeroper über die Vergewaltigung einer tugendhaften Römerin ist gut im kleineren Bornemannbau aufgehoben.
Einen ganz neuen roten Faden legt die Deutsche Oper mit "Dinorah ou le pardon de Ploermel" aus. Konzertant erklingt in der Philharmonie diese 1859 uraufgeführte opéra comique von Giacomo Meyerbeer. In den nächsten Spielzeiten sollen dann die Hauptwerke des in Berlin geborenen Weltbürgers szenisch herauskommen: "Vasco da Gama", "Les Huguenots" und "Le Prophète", alle drei zu ihrer Zeit Kassenschlager - und heutzutage eigentlich uninszenierbar. Einen "Meyerbeer-Ring" nennt Chefdramaturg Königsdorf das ehrgeizige Vorhaben.
Apropos: Wagners Tetralogie macht in der kommenden Spielzeit mal Pause. Fünf andere legendäre Götz-Friedrich- Produktionen aber finden sich weiterhin im Spielplan des Hauses.
Weitere Informationen zur Saison 2014/15 unter www.deutscheoperberlin.de
Frederik Hanssen
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