zum Hauptinhalt
Daniel Barenboim
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Barenboim spielt Beethoven: Es donnern die Töne

Fingeraquaplaning auf der Tastatur: Daniel Barenboim spielt Ludwig van Beethovens „Hammerklaviersonate“ im Pierre-Boulez-Saal.

Aus dem Klavier mitten im Boulez-Saal donnern die Töne. Daniel Barenboim stürmt durch Beethovens „Hammerklaviersonate“. Mitten im vierten Satz steigert sie sich zu vollem Fortissimo. Sehr viele Töne wollen an dieser Stelle getroffen werden. Schnell geht es zu. Barenboim drückt aufs Pedal. Im breiten Klang des deckellosen Instruments verschwimmt das meiste. So lassen sich Unsicherheiten verstecken. Dann plötzlich reduziert sich die Musik. Nur noch wenige zarte Klänge formen eine intime Melodie. Wie sanft Barenboim nun die Tasten anschlägt, wie weich und in sich gekehrt er sein Instrument singen lässt. Er verdichtet die Atmosphäre, lässt die Zuhörer nach den scheuen Klängen suchen.

Das ist der Gegensatz: Barenboims verinnerlichte Musikalität und seine Ausstrahlung von Ruhe wechseln mit einem pedaldominierten Klang, der bei steigender Geschwindigkeit und Notenzahl zu Fingeraquaplaning auf der Tastatur führt. Es ist der zweite Abend einer vierteiligen Serie, innerhalb derer sich Barenboim einem Ausschnitt der Sonaten Beethovens widmet. Diesmal spannt er einen weiten Bogen über die insgesamt 32 Werke hinweg, von der allerersten, Op. 2 Nr. 1, über die 18. bis hin zur 29., eben der „Hammerklaviersonate“. Barenboim arbeitet sich an allen dreien ab. Die schnellen Passagen wirken oft schwerfällig, nur selten wirklich frei. Grollende Bassläufe klingen wie ferne Gewitter, deren Donnerschläge kaum auseinanderzuhalten sind. Von der Intonationssicherheit her kommt die Musik nie wirklich ins Fließen. Eine Ausnahme bleibt der langsame Satz der 29. Sonate. Barenboim dehnt die Zeit mit den wenigen Tönen, die Beethoven gesetzt hat. Alle zeitlichen Orientierungspunkte scheinen verloren zu gehen. Und auch im ratternden zweiten Satz der 18. spielt er wie ausgewechselt mit den verschiedensten Klangfarben, bleibt rhythmisch stabil und lässt Virtuosität aufblitzen.

Jonas Zerweck

Zur Startseite