Personalkarussell bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Eissenhauer übernimmt Gemäldegalerie, Kittelmann bleibt in der Nationalgalerie
Der Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat getagt: Die Gemäldegalerie wird künftig von Michael Eissenhauer geleitet, Bernd Lindemann geht in Rente. Und Udo Kittelmanns Vertrag an der Neuen Nationalgalerie wird verlängert.
Baustellen, Richtfeste, neue Personalien: Lange war in der Berliner Kultur nicht mehr so viel in Bewegung wie jetzt. Demnächst mischt Chris Dercon als Intendant die Volksbühne auf, die Philharmoniker haben gerade Kirill Petrenko zum Chefdirigenten gewählt, an der Staatsoper gibt es einen Generationenwechsel. Bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die ohnehin die größten Tanker bewegt, bereiten sich die Dahlemer Sammlungen auf den Umzug ins Humboldt-Forum vor, Neil MacGregor wurde als Gründungsintendant berufen, und der Planungswettbewerb für das Museum der Moderne soll im Juli ausgeschrieben werden. Auch bei der Stiftung dreht sich das Personalkarussell: Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, übernimmt ab 1. August 2016 die Leitung der Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung, einschließlich des Museums für Byzantinische Kunst. Und der Direktor der Nationalgalerie wird weiterhin Udo Kittelmann heißen.
Am Donnerstag tagte der SPK-Stiftungsrat und gab die Verlängerung von Kittelmanns Vertrag um fünf Jahre bekannt, bis 31. Oktober 2020. 2008 wechselte der damals hippste Museumschef der Republik vom Frankfurter Museum für Moderne Kunst in die Hauptstadt. Frischer Wind für die Ausstellungshäuser des 19. bis 21. Jahrhunderts: Unter dem Motto „Die Kunst ist super!“ krempelte Kittelmann die Sammlungen im Hamburger Bahnhof um, rollte Gerhard Richter und Thomas Demand im Mies-van-der-RoheBau den roten Teppich aus, holte die Maori in die Alte Nationalgalerie. Was der Mann anpackte, hatte Appeal.
Inzwischen ist es stiller geworden um ihn. Der Herr über sechs Häuser musste im Laufe der Zeit eine Schließung nach der anderen hinnehmen. Angefangen mit der Friedrichwerderschen Kirche für die Skulptur des 19. Jahrhunderts, die wegen statischer Probleme durch Bauarbeiten ringsum dicht machen musste, über den Anbau des Museum Berggruen, dessen Klimaanlage krankt, bis hin zur Neuen Nationalgalerie, deren Sanierung drei, vier, fünf Jahre dauern kann.
Für den erhofften Auftrieb könnte das geplante Museum der Moderne am Kulturforum sorgen – die Klassische Moderne braucht dringend Platz in Berlin.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters besorgte gemeinsam mit CDU- und SPD-Haushältern das Geld beim Bund, Stiftungspräsident Hermann Parzinger führt die Verhandlungen, der Kulturausschuss des Bundestags berät - demnächst folgt wie gesagt der Architekturwettbewerb. Mit der Verlängerung seines Vertrags bekommt der 57-Jährige die Chance, die Zukunft der Berliner Moderne-Sammlungen nach Kräften mitzugestalten. Er sollte sie sichtbar ergreifen, sich lauter zu Wort melden.
Die Alten Meister in Berlin bräuchten einen starken, eigenen Fürsprecher
Die zweite Personalentscheidung der Stiftung ist eine Enttäuschung: Der Posten des scheidenden Direktors der Gemäldegalerie (der ebenfalls bereits für die Skulpturen mit zuständig war) wird nicht wirklich neu besetzt, sondern bis 2019 von Generaldirektor Michael Eissenhauer ausgefüllt. Was für eine kleinmütige Lösung! Die Alten Meister in Berlin – Gemälde wie Skulpturen – sind eine Sammlung von Weltrang, die sich allerdings wie ein Aschenputtel versteckt.Sie bräuchte einen bekannten, profilierten Namen, der mit bedeutenden Ausstellungen hervorgetreten ist und den Häusern die Strahlkraft verleiht, die ihnen gebührt. Wenn die Stiftung jetzt betont, man wolle die „themenorientierte Zusammenarbeit mit anderen Sammlungen“ intensivieren, fragt sich, wieso das mit den bisherigen Museumschefs nicht möglich gewesen sein soll.
Eissenhauer ist nicht der erste "General", der gleichzeitig ein Haus leitet
Als Bernd Lindemann 2004 zum Direktor berufen wurde, war das wie eine Rehabilitation. In den 90er Jahren hatte der Kunsthistoriker schon einmal als Kustos am Museum gewirkt und sich einen Maulkorb geholt, weil er sich vehement für den damals nicht opportunen Umzug auf die Museumsinsel eingesetzt hatte. Der einstige Kämpfer für den Wechsel von Rembrandt, Botticelli und Co. in die Mitte der Stadt konnte jedoch auch in seiner neuen Funktion nichts bewirken. Die wieder aufflammenden Diskussion um den Masterplan, um einen Neubau für die Gemälde auf dem Kasernengelände vis-à-vis dem Bodemuseum und einen Umzug der Moderne in die Gemäldegalerie führte schließlich dazu, dass die Idee eines Moderne-Museums am Kulturforum neuen Schwung erhielt. Bernd Lindemann registrierte es mit Verbitterung, er musste ein zweites Mal klein beigeben: Die Gemäldegalerie bleibt, wo sie ist.2016 geht Lindemann nun in den Ruhestand.
Dass der Generaldirektor ihn beerbt, ist mit Blick auf die Geschichte der Stiftung durchaus logisch. Als Eissenhauer 2008 Museums-„General“ wurde, war er wie ein König mit einem Riesenreich, aber ohne eigenes Land. Seine Vorgänger, Peter-Klaus Schuster und Wolf -Dieter Dube, leiteten deshalb zusätzlich die Nationalgalerie. Bei Eissenhauer, Jahrgang 1956, sind es nun die Alten Meister. Als Museumspolitiker ist er vor allem Pragmatiker. Drei Jahre hat er ab 2016 Zeit, die Gemäldegalerie nach vorne zu bringen. Die Frist ist zu kurz, um dauerhaft etwas zu bewirken, und zu lang für ein Zwischenspiel. Die Gemäldegalerie hat mehr verdient als eine pragmatische Lösung.[
PS: Auch eine dritte Personalie hat der Stiftungsrat am Donnerstag beschlossen: Reinhard Altenhöner wird ab 1. Oktober 2015 neuer Ständiger Vertreter der Generaldirektorin der Staatsbibliothek. Er folgt auf Karl-Werner Finger, der in den Ruhestand tritt. Altenhöner, Jahrgang 1963, kommt von der Deutschen Nationalbibliothek, die Staatsbibliothek verknüpft mit seiner Berufung "die Erwartung, dass die bereits erfolgreich besetzten Felder Digitale Bibliothek und Strategieentwicklung weiter ausgebaut werden".