Hongkong-Reihe im Arsenal: Einzigartig ungestümes Kino
„Splendid Isolation“: Das Arsenal am Potsdamer Platz zeigt Klassiker und fast vergessene Filmperlen des Hongkong-Kino von 1949 bis 1997.
In „The Kingdom and the Beauty“ eröffnet ein vielstimmiger Chor die tragische Geschichte um einen Kaiser und seine unglückliche Geliebte. Statisten in seidenen Gewändern schreiten durch die Palastkulisse, deren überbordende Farben nur von der Intensität der Gefühle übertroffen werden. Li Han Shiangs Film löste 1959 einen Hype um Huangmei-Opern aus: Filme, die chinesische Sagen in opulente Musicals übersetzen, deren Melodien irgendwo zwischen Volkslied und Popsongs auf Mandarin changieren.
Wenn es ums Hongkong-Kino geht, sind die ersten Assoziationen meist die Wuxia, die fantastischen Schwertkampffilme der Shaw Brothers, Kung-Fu-Filme mit Ti Lung oder die ab den späten 1980er Jahren populären „Heroic Bloodshed“-Actiondramen von Regisseuren wie John Woo und Ringo Lam. Dabei wurden in der Kronkolonie bis zur Rückgabe an China 1997 jährlich an die 200 Filme aller möglichen Genres produziert.
Der aktuell im Arsenal laufenden Hongkong-Reihe „Splendid Isolation“ geht es nicht um Vollständigkeit. Sie will die Faszination am Exzess, die Vielfalt einer nationalen Kinematografie sichtbar machen, die zwischen 1949, dem Gründungsjahr der Volksrepublik China, und 1997 ein einzigartig ungestümes Kino hervorgebracht hat. Unter den 28 Filmen finden sich Klassiker neben beinahe vergessenen Filmperlen, alle auf 35-Millimeter-Kopien.
Heroische Frauen sind keine Seltenheit
So etwa Griffin Yuehs farbenprächtige Huangmei-Oper „Madam White Snake“ von 1962: die Geschichte einer Schlange in Gestalt einer Frau (Linda Lin Dai, Star der Shaw-Brüder). Wie in so vielen Filmen dieses Genres gilt darin alle Hoffnung dem spirituellen Leben nach dem Tod.
Heroische Frauen sind im Hongkong-Kino keine Seltenheit: in Chor Yuens „Intimate Confessions of a Chinese Courtesan“ von 1972, einem Wuxia im Prostituiertenmilieu, rächt sich Lily Ho in der Rolle einer Edelkurtisane wider Willen blutig an ihren Peinigern. Ein sinnlicher, skandalöser Film, dem die Lust am Dehnen und Sprengen der Genregrenzen in allen Fasern steckt. Eine Entdeckung im Programm ist auch Tang Shu Shuens Debüt „The Arch“ von 1970, ein in Schwarzweiß gedrehtes Drama über eine einsame Witwe. Sein kontemplativer Erzählfluss wird immer wieder abrupt von experimentellen Bildmontagen unterbrochen, die an die französische Nouvelle Vague erinnern. Shuens Karriere versandete nach nur vier Filmen – vielleicht war sie zehn Jahre zu früh dran.
Ab 1979 prägte eine Neue Welle das Hongkong-Kino: westlich geprägte Regisseure sagten sich von den Studios los, holten das Kantonesisch zurück in die Kinos. So wie Ann Hui, die für ihr dreistündiges Historienepos „The Romance of Sword and Book“ am 24. März persönlich anwesend sein wird. Oder Allen Fong mit „Ah Ying“: Hui So Ying spielt darin eine Fischverkäuferin, die Schauspielunterricht nimmt – eine willkommene Abwechslung von ihrem Alltag, in dem sie sich ein winziges Zimmer mit acht Geschwistern teilt. Das ruhige Drama beruft sich noch auf die Peking Oper, sucht den Lebenssinn aber im Hier und Jetzt: in der Liebe zum Moloch Hongkong und zum Kino. Was fast dasselbe ist.
bis 28. März im Arsenal
Katrin Doerksen
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