Skandal um Hollywood-Produzent: "Eine Welt ohne Harveys!"
Dem Produzenten Harvey Weinstein wird vielfacher sexueller Missbrauch vorgeworfen. Nach der Oscar-Academy wirft ihn nun auch sein Studio raus.
Hollywood hat schnell auf den sich ausweitenden Skandal reagiert. Die Oscar-Academy schloss den Filmproduzenten Harvey Weinstein nach den zahlreichen und massiven Vorwürfen sexueller Belästigung und sexuellen Missbrauchs aus. Er verdiene nicht den Respekt seiner Kollegen, hieß es nach einer Dringlichkeitssitzung. Für den sofortigen Ausschluss des 65-Jährigen hatten sich deutlich mehr als die benötigten zwei Drittel der Mitglieder ausgesprochen. Der Vorstand, dem unter anderem Steven Spielberg, Tom Hanks und Whoopi Goldberg angehören, will damit die Botschaft aussenden, „dass die Ära von vorsätzlicher Ignoranz und schmählicher Mitschuld bei sexuell rücksichtslosem Verhalten und Belästigungen am Arbeitsplatz in unserer Branche vorbei ist.“ Nun sollen von der Akademie Richtlinien für „ethisches Verhalten“ erarbeitet werden.
Erst ein einziges Mal zuvor hatte die Filmakademie ein Mitglied ausgeschlossen. 2004 flog der Schauspieler Carmine Caridi nach 22-jähriger Mitgliedschaft heraus. Er hatte Filmbänder weitergegeben, die ihm für die Oscar-Bewertung zugeschickt worden waren. Diese waren dann im Internet als Raubkopien aufgetaucht.
Erst der zweite Rauswurf in der Academy
Weinsteins Fall war von der „New York Times“ und dem „New Yorker“ enthüllt worden. Zahlreiche Schauspielerinnen, Models und Mitarbeiterinnen des Produzenten hatten sich mit Missbrauchsvorwürfen gegen den Produzenten zu Wort gemeldet, darunter Ashley Judd, Eva Green, Angelina Jolie, Gwyneth Paltrow, Kate Beckinsale, Cara Delevingne und Léa Seydoux. Mehrere Schauspielerinnen beschuldigen Harvey Weinstein der Vergewaltigung.
Eine Sprecherin des Filmmoguls hatte die Anschuldigungen nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe vor gut einer Woche zurückgewiesen: „Jegliche Vorwürfe von Sex, der nicht in beiderseitigem Einverständnis stattgefunden hat, werden von Herrn Weinstein eindeutig verneint.“ Filmstars wie Meryl Streep, Ryan Gosling, Tom Hanks, Leonardo DiCaprio und Michael Moore zeigten sich erschüttert über die mutmaßlichen sexuellen Übergriffe und den Machtmissbrauch des Produzenten. Oscar-Preisträger Moore, der mit Weinstein für seine Dokumentation „Fahrenheit 9/11“ zusammenarbeitete, rief auf Facebook dazu auf, „eine Welt ohne Harveys“ zu schaffen.
Moore bezeichnete Weinstein als „erfolgreichen Soziopathen“, dem es über Jahre hinweg gelungen sei, Frauen heimlich zu missbrauchen. Er selbst habe nichts von Weinsteins Übergriffen gewusst. Andere haben lange Zeit geschwiegen, aus Furcht vor Karrierenachteilen. Weinstein selbst hat über Anwälte für Verschwiegenheit bei Betroffenen gesorgt. Viele fragen: Wie konnte es so lange gehen? Und wer ist der Nächste?
Der Bruder ist angewidert
Von seinem Filmstudio The Weinstein Company (TWC), das er zusammen mit seinem Bruder Bob gegründet hat, ist Harvey Weinstein entlassen worden. In einem Interview mit dem „Hollywood Reporter“ sagte der Unternehmer Bob Weinstein (62): „Ich bin beschämt und angewidert von dem Verhalten meines Bruders“. Harvey sei arrogant, aufbrausend und betrügerisch gewesen, aber von dem ganzen Ausmaß seiner angeblichen Vergehen habe er nichts gewusst.
Ein Imperium wankt. Das liberale, den Demokraten nahestehende Hollywood nimmt schweren Schaden. Harvey Weinsteins mit den Miramax-Studios und der Weinstein Company produzierten Filme wurden mit mehr als 80 Oscars ausgezeichnet. Dazu gehören „Der englische Patient“ ebenso wie „Shakespeare in Love“ oder „Pulp Fiction“. Tsp/dpa
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