Zur Eröffnung des Berliner Jazzfests: Ein Tag für Martin Luther King
Zum Auftakt des diesjährigen Jazzfests erinnern die Veranstalter an den Herbst 1994, als Martin Luther King nach Berlin kam.
Was für eine gute Idee, das Auftaktkonzert zum diesjährigen Jazzfest (30.10.- 2.11.) mit einem Ehrentag für Martin Luther King zu koppeln. Der afroamerikanische Bürgerrechtler kam auf dem Gipfel seiner internationalen Anerkennung im September 1964 nach Berlin und sprach zur Eröffnung der Festwochen in der Philharmonie, predigte in der Waldbühne und in Ostberlin. 50 Jahre später hebt der Historiker Clayborne Carson, Gründungsdirektor des Martin Luther King, Jr. Research and Education Institute der Stanford University, im Foyer des Hauses der Berliner Festspiele die vielfältigen Beziehungen zwischen dem schwarzen Amerika und Berlin hervor.
Allen voran der Bürgerrechtler W. E. B. Du Bois, der 1892 in Berlin studierte und später eine führende Persönlichkeit der panafrikanischen Bewegung wurde, und der Pfarrer Michael King, der 1934 am baptistischen Weltkongress in Berlin teilnahm und sich unmittelbar nach seiner Rückkehr Martin Luther King nannte. Was dessen Sohn, der 1968 einem Attentat zum Opfer fiel, an nachhaltiger Veränderung bewirkt hat, stand im Zentrum der Gespräche und Präsentationen.
Das Schüler-Projekt "King Code" fahndet nach Spuren von Martin Luther Kings Berlin-Besuch
Besonders eindrucksvoll: das afrodeutsche Schauspieler- und Musikernetzwerk „Label Noir“ aus Berlin mit einem Stück über den inflationären Gebrauch des Wortes Integration. Für das multimediale Projekt „King Code“ haben sich Schüler der Ernst-Reuter-Oberschule und des Rosa- Luxemburg-Gymnasiums anlässlich der Berliner Rede des amerikanischen Präsidenten Barack Obama im Sommer 2013 auf Spurensuche begeben. Entstanden ist ein Film, der dokumentiert, was von Kings Besuch noch präsent ist. In diesen Kontext greift auch die Komposition „Let Freedom Ring!“ des Saxofonisten Denys Baptiste, die Sonntagabend aufgeführt wurde. Thema: die musikalische, poetische und visuelle Aufarbeitung afroamerikanischer Geschichte aus Sicht der jungen schwarzen Jazzszene Großbritanniens.
Mit diesem ambitionierten Auftakt des Jazzfestes schließt sich noch ein weiterer Kreis: Der weltweit einzige Text, in dem King die Bedeutung des Jazz für die Bürgerrechtsbewegung und die Identitätsfindung des modernen Menschen betont, wurde von ihm eigens für das Programmheft der ersten Berliner Jazztage vor 50 Jahren geschrieben.
Christian Broecking