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Leuchtturm für den Büchersommer. Romane auf der Leipziger Buchmesse im Jahr 2011.
© dpa

Romane und ihre Haltbarkeit: Die sanfte Gleichgültigkeit der Zeit

Viele Romanveröffentlichungen werden in den Feuilletons mit Auftrieb begleitet. Doch nicht jeder Bestseller wird ein Klassiker. Über Bücher von heute und gestern - und was möglicherweise von ihnen bleibt.

Es geht jetzt wieder hoch her im Literaturbetrieb, dabei fungiert die in gut sechs Wochen stattfindende Leipziger Buchmesse gleichermaßen als Leuchtturm wie als Scharnier für den Büchersommer- und herbst. Und auch wenn neulich irgendwo jemand meinte, dass der junge Simon Strauß „angeblich“ (so?) der „neue Messias“ (ach so, wirklich?) der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur sei (um damit eine der bescheuertsten, absurdesten, überflüssigsten Feuilletondebatten der jüngeren Zeit auszulösen), werden doch gerade Bücher ganz anderer Autoren und Autorinnen zumindest sehr partiell als potenziell Erlösung versprechend wahrgenommen.

Zum Beispiel Romane von Arno Geiger („Unter der Drachenwand“), Esther Kinsky („Hain“), Angelika Klüssendorf („Jahre später“), Peter Stamm („Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“) oder Felicitas Hoppe („Prawda“), um solche von Autoren und Autorinnen zu nennen, die anders als Strauß mit seinem Büchlein „Sieben Nächte“ schon eine Art Werk vorzuweisen haben. Trotzdem fragt sich, ob nun diese Bücher den Auftrieb wert sind, die ihre Veröffentlichung begleiten – gerade wenn einem beim Aufräumen und Durchforsten von Buchregalen die drei von Marcel Reich-Ranicki Ende der achtziger Jahre herausgegebenen Bände „Romane von gestern – heute gelesen“ in die Hände fallen. Reich-Ranicki hatte damals Kritikerkollegen und Schriftsteller gebeten, ältere Romane wiederzulesen und von dieser Lektüre zu erzählen, beginnend bei Heinrich Manns „Schlaraffenland“ (1900) und Thomas Manns „Buddenbrooks“ (1901) bis zu Theodor Pliviers „Stalingrad“ und Hermann Brochs „Der Tod des Vergil“, beide 1945 veröffentlicht. So viel Rang und so viele Namen sind in diesen Bänden versammelt, von Kafka über Musil bis Anna Seghers, um noch andere zu nennen, und wer sind dagegen Arno Geiger, Esther Kinsky oder Felicitas Hoppe? Und doch finden sich in den MRR-Bänden auch viele vergessene oder unbekannte Autoren, neben problematischen, im zeithistorischen Kontext aber interessanten (Ina Seidel, Heinrich Lersch,  Hans Carossa) auch ein Klabund, ein August Scholtis, ein René Schickele. Und immer wieder stellen die Wiederleser der späten achtziger Jahre fest, dass dieser Autor vergessen ist, oder fragen: „Wer erinnert sich heute noch an ...?“

Bücher haben ihre Schicksale

Autoren, Autorinnen und ihre Romane haben ihre Aktualität, ihre Zeit, gerade vor diesem Hintergrund entfalten sich oft Erfolg und Größe so mancher Bücher. Was von der Frühjahrsproduktion des Jahres 2018 dereinst bleiben wird, kann niemand sicher voraussagen. Und wie seufzte doch Siegfried Lenz zu Beginn seines Textes über Paul Kornfelds Roman „Blanche oder Das Atelier im Garten“ in bester Siegfried-Lenz-Manier: „Weiß Gott, Bücher haben ihre Schicksale.“

Seine „Deutschstunde“ hatte das Schicksal, ein Bestseller zu werden, von Lenz selbst einmal als „Malheur“ bezeichnete – doch wer liest heutzutage noch den fast genauso guten, ausschweifenderen Lenz-Roman „Heimatmuseum“?

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