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Die Rache der Rückkehrerin: Eine Szene aus "Antoinette kehrt zurück".
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Olivia Viewegs "Antoinette kehrt zurück": Die Rache der Rückkehrerin

Mobbing, Verdrängung, späte Abrechnung: Mit ihrem Exposé für "Antoinette kehrt zurück" gewann Olivia Vieweg das Egmont-Comic-Stipendium. Jetzt liegt das beeindruckende Ergebnis als Buch vor.

Die junge Frau aus der deutschen Provinz hat es geschafft: Eine Karriere in der US-Werbebranche, eine Luxuswohnung in Los Angeles, ein wunderbarer Freund, der obendrein ein berühmter Schauspieler ist. Bis sie eines Tages von ihrer lange verdrängten Vergangenheit eingeholt wird - mit fatalen Folgen. In ihrem neuen Buch "Antoinette kehrt zurück" erzählt die Weimarer Comicautorin Olivia Vieweg von einem Thema, das derzeit gleich in zwei neuen Graphic Novels verhandelt wird: Mobbing unter Jugendlichen.

Vieweg schickt ihre fiktive Heldin auf eine Reise von Los Angeles in die eigene Vergangenheit, in ein verschlafenes Städtchen im Harz. Dort wurde sie einst von ihren Mitschülern übel drangsaliert. Das hinterließ offenbar ein tiefes Trauma, dem sich die junge Frau Jahre später stellt, indem sie an ihrem Hauptpeiniger von einst brutale Rache nimmt.

Ein weiteres Buch zum selben Thema

Das zweite aktuelle Buch zum Thema stammt von den kanadischen Comicautorinnen Fanny Britt und Isabelle Arnault. In der autobiografisch inspirierten Erzählung "Jane, der Fuchs und ich" erzählen sie in kunstvollen Zeichnungen von der Leidensgeschichte der 13-jährigen Hélène und ihrem mühsamen Weg aus der Opferrolle (mehr über dieses Buch in Kürze auf den Tagesspiegel-Comicseiten).

Olivia Viewegs Protagonistin wählt dafür drastische Mittel. In Anspielung auf ein Dürrenmatt-Zitat führt sie vor, wie eine junge Frau erst durch die Hölle geht und dann für andere zur Hölle wird, um sich selbst von der Last der Vergangenheit zu befreien. Das ist packend erzählt und voller Überraschungen, die diesen Gewinner des Egmont-Comic-Stipendiums (dessen Jury der Autor dieses Artikels angehörte) zu einem beeindruckenden Leseerlebnis machen. Vor allem weil Viewegs Bilder freundlich anmuten und doch eine sehr böse Geschichte erzählen.

Als Jugendliche Mobbing "gekostet"

Derartige Kontraste machten auch ihre bisherigen Bücher herausragend, die irritierend niedlich gezeichnete Zombie-Horror-Geschichte "Endzeit" und die Mark-Twain-Adaption "Huck Finn", für die Vieweg die Handlung des US- Literaturklassikers nach Ostdeutschland verpflanzte und visuell japanische Anime-Trickfilme zitierte.

Zwei mal Mobbing - mit sehr unterschiedlichen Folgen: Olivia Viewegs Buch und das von Fanny Britt und Isabelle Arsenault.
Zwei mal Mobbing - mit sehr unterschiedlichen Folgen: Olivia Viewegs Buch und das von Fanny Britt und Isabelle Arsenault.
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Diesmal ist der 1987 geborenen Autorin ihr Thema ein besonders persönliches Anliegen, wie sie im Nachwort zu "Antoinette kehrt zurück" sagt. Zwar habe sie selbst als Jugendliche Mobbing nur "gekostet". Aber sie weiß, dass andere Kinder weniger Glück haben und will ihren Lesern zeigen, welche Bedeutung in dem Zusammenhang auch die Mitläufer haben. Das macht auch ein Erich- Kästner-Zitat deutlich, das dem Buch vorangestellt ist: "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

Olivia Vieweg: Antoinette kehrt zurück, Egmont, 96 Seiten, 14,99 Euro. Leseprobe auf der Website des Verlages.

Lars von Törne

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