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Der Kulturausschuss tagt ohne Publikum, die Anzuhörenden waren alle per Video zugeschaltet.
© Kitty Kleist-Heinrich

Berlins Kultur in der Corona-Krise: Die Not wird immer größer

Der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses diskutiert über die Folgen der Pandemie - und hört die Betroffenen an.

Die Geste war gut und wichtig: Der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses hatte am Montag seine Tagesordnung freigeräumt, um nur ein einziges Thema zu behandeln: eine Anhörung der Berliner Künstlerinnen und Künstler nämlich, vertreten durch sechs Akteurinnen und Akteure, die jeweils aus unterschiedlichen Bereichen der Szene über die Auswirkungen der Pandemie auf ihre Arbeit berichteten.

Die drei Stunden, die sich die Parlamentarier Zeit genommen hatten, reichten knapp aus – denn das Redebedürfnis ihrer per Video zugeschalteten Gäste war groß. Viel Kritik wurde beispielsweise am „Neustart Kultur“-Programm des Bundes geübt, weil die Ausschüttung der Gelder bisher nur äußerst schleppend vorankommt. Für die Berliner Maßnahmen dagegen gab es durchaus auch Lob.

Besonders hadern die Künstlerinnen und Künstler mit dem On und Off des Spielbetriebs. Der zweite Kultur-Lockdown hat sie ins Mark getroffen. Georg Strecker, der Geschäftsführer des Wintergartens, erklärte, dass es selbst dann schwer für ihn und seine Kollegen wird, wenn sich gegen Ende November herausstellen sollte, dass man tatsächlich im Dezember wieder spielen dürfen. Ein Restaurant oder ein Geschäft ließe sich vielleicht auf Zuruf wieder öffnen, Bühnen dagegen benötigten eine gewissen Vorlaufzeit, bevor bei ihnen der Vorhang wieder hochgehen kann.

Forderung nach einem Datum für die Wiedereröffnung

Darum müsse es seitens der Politik ein klares Datum für den nächsten Neustart geben, auf das dann auch Verlass ist, forderte Strecker. Notfalls würde er dafür sogar auch noch auf sein Weihnachtsgeschäft im Dezember verzichten - Hauptsache, er bekäme dann eine echte Verlässlichkeit für den Vorverkauf wie auch für die Verträge mit seinen Künstlern.

Ulrich Khuon, der Intendant des Deutschen Theaters, betonte, dass die Bühnen mit ihren ausgefeilten Hygienekonzepten und Abstandsregeln durchaus als Vorbilder taugten für den Rest der Gesellschaft: Sie hätten nämlich bereits seit Saisonbeginn vorgemacht, wie ein Leben mit dem Virus in Zukunft funktionieren könne.

Die Möglichkeit, durch Streaming Zielgruppen zu erreichen, die sonst nicht den Weg in die Kulturinstitutionen fänden, wie ihn Janina Benduski als Vertreterin der Freien Darstellenden Künste lobte, hat für Ulrich Khuon allerdings Grenzen: Mittelfristig könne auch Streaming nicht kostenlos angeboten werden, sondern müsse zum Bezahlinhalt werden.

Senator Klaus Lederer reagiert dünnhäutig

Schließlich muss die Szene auch wieder Einnahmen generieren. Olaf Kretschmar von der Berlin Music Commission ist sich sicher: „Der Bumerang kommt 2021.“ Selbst wenn der Betrieb anlaufen könne, werden die kommerziellen Veranstalter noch lange unter den jetzt aufgenommenen Krediten leiden - und die Künstlerinnen und Künstlern unter den fehlenden Gema-Ausschüttungen, weil 2020 kaum Live-Acts stattfinden konnten.

Kultursenator Klaus Lederer hörte sich die Forderungen aus dem Kulturbetrieb ebenso geduldig an wie die Nachfragen der Abgeordneten. Bei seinen Antworten aber schimmerte dann doch Dünnhäutigkeit durch.

Zum einen hat Lederer die erneute, vom Bund verordnete Schließung der Bühnen und Museen nur zähneknirschend akzeptiert: „Alle Vorarbeiten, die wir in der Kultur geleistet haben, sind damit Makulatur.“ Und zum andern hört er Kritik an der Hilfsbemühungen nicht so gerne, angesichts der Tatsache, dass seine Verwaltung seit Monaten „am oberen Limit“ arbeitet, um möglichst viel für die Künste zu bewirken. Er zitierte eine Mitarbeiterinnen mit dem Satz: „Wenigstens die Empathie, die wir für die Freie Szene aufbringen, könnte die Freie Szene doch auch für uns aufbringen.“

Mit den Stimmen der Koalition verabschiedete der Kulturausschuss am Ende der dreistündigen Sitzung schließlich noch ein eigenes Statement zur aktuellen Lage.

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