VW-Kultursponsoring: Die Kunst und der Dieselmotor
Volkswagen engagiert sich seit Jahrzehnten als Sponsor für Kunst und Kultur. Gerät das mit dem Abgasskandal nun ins Zwielicht? Fragen an die Sponsor-Chefin.
„Vielen Dank für die tolle Zusammenarbeit“: Elyas M’Barek hupt wie ein Auto und erinnert grinsend daran, wie "gut" die Gesamtschülerbande in „Fack ju Göhte 2“ VW behandelt. Der Werbespot zeigt es noch einmal: Im Autohaus fährt Chantal mal eben einen Touran und ein VW-Cabriolet zu Schrott.
Tolle Zusammenarbeit: VW und die Kultur sind schon lange ein enges Gespann. Seit den 60er Jahren engagiert sich der Konzern für die Kunst, sponsert Festivals und Projekte. Seit 2013 läuft ein hoch dotierter Vertrag mit der Neuen Nationalgalerie; auf das Konto von VW gehen unter anderem die Kraftwerk-Konzertreihe vor der sanierungsbedingten Schließung des Mies-van-der-Rohe-Baus im Januar. Die spektakulärste Partnerschaft: die Kooperation der Volkswagen Group of America mit dem New Yorker MoMA und dessen Junge-Kunst-Dependance PS 1 seit 2011. Der Vertrag wurde diesen Sommer bis 2017 verlängert, mit neuem Schwerpunkt auf Bildungsprogrammen. „Volkswagen ist DAS Auto. MoMA ist DAS Museum“: Unter der Devise lud man zum Event, auf Fotos posieren Museumsdirektor Glenn Lowry, Chefkurator und PS1-Leiter Klaus Biesenbach und Yoko Ono neben Martin Winterkorn. Tue Gutes und bleibe diskret: Zahlen nennen der Konzern und die Museen nicht, es soll sich jedoch um eine siebenstellige Summe pro Jahr handeln.
Über dreißig MoMA- und PS1-Projekte unterstützte VW bisher, zuletzt etwa die große Björk-Ausstellung im Frühjahr. Und jetzt der Abgasskandal um die Dieselmodelle: Wird dem Kultursponsoring nach dem Absturz der VW-Aktie und angesichts drohender Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe der Geldhahn zugedreht? Machen sich die Partner-Museen Sorgen um die Zukunft?
„Natürlich bleibt die aktuelle Diskussion auch in Gesprächen mit Kulturinstitutionen nicht unerwähnt“, sagt Benita von Maltzahn, Leiterin des Ressorts Gesellschaft und Kultur in der Kommunikationsabteilung von VW. „Aber in den letzten Tagen gab es uns gegenüber keinerlei negatives Feedback. Unser Engagement bleibt unverändert.“ Mit der Nationalgalerie wie mit dem MoMA plane man derzeit die gemeinsamen Projekte für 2016. „Viele Programme sind fortlaufend, etwa das Bildungsprogramm im MoMA oder die Sunday Sessions mit Musik-, Film-, Performance- und Diskussionsveranstaltungen im VW Dome vor dem PS 1.“
Also Entwarnung auch für das renommierte Tanzfestival Movimentos in der Autostadt Wolfsburg? Für Einzelprojekte wie kürzlich die von VW unterstützte Picasso-Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen oder die Polke-Schau in Köln? Oder die bis Sonntag laufende, zum siebten Mal im Wolfsburger Science Center Phaeno veranstaltete Phaenomenale, ein kleines Festival – ausgerechnet – zum Thema Geheimnis? Angesichts der aktuellen Schlagzeilen kann und mag Benita von Maltzahn solche Zukunftsfragen kaum beantworten. Am Telefon betont sie jedoch, Kultursponsoring sei „ein wichtiger Bestandteil der Kommunikationsplattform des Unternehmens, das wird es weiter geben“. Und die Förderung der jetzigen Partner werde selbstverständlich weiterlaufen.
Grundsätzlich sei das VW-Kunst- und Kulturengagement von dem Gedanken getragen, einem möglichst großen, breiten Publikum einen besseren Zugang zur Kunst zu ermöglichen. „Wie man im Englischen so schön sagt: to make art accessible to a large and diverse audience“, sagt die gelernte Kunsthistorikerin, die seit 2012 bei VW das Kultursponsoring verantwortet. „Genauso, wie Volkswagen der Gesellschaft schon in Zeiten des Käfers mehr Mobilität ermöglicht hat.“
Neu im Portfolio: Ende August förderte der Konzern erstmals ein Kulturprojekt in China, den „Rain Room“ in Schanghai, eine Installation des britisch-deutschen Künstlerkollektivs Random International, die dort noch bis Ende Dezember zu sehen ist. „In China werden im Moment in zahlreichen Städten Museen eröffnet, aber es gibt dort nicht genügend Kuratoren“, sagt von Maltzahn. Deshalb wolle man die Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses fördern, „etwa indem wir unser Museumsnetzwerk dazu nutzen, dass junge Chinesen in die Nationalgalerie, ins MoMA oder ins Kunstmuseum Wolfsburg kommen können“. Letzteres läuft übrigens nicht unter Regie des VW-Ressorts, sondern wird über eine eigene Stiftung finanziert – mit der von Maltzahn eng zusammenarbeitet.
Und wie ist es um den Image-Transfer bestellt? Das Prinzip Transparenz bei der Gläsernen Manufaktur in Dresden (deren eigene Sponsoring-Abteilung unter anderem die Semperoper samt Staatskapelle unterstützt) oder eine VW-gesponserte Ausstellung zum Klimawandel wie die 2013 PS1-Schau „Expo 1“ geraten mit den Negativschlagzeilen um manipulierte Abgaswerte ins Zwielicht. Von Maltzahn widerspricht: „Schon bei der Expo 1 in New York und in Rio ging es ja nicht um Umwelt. Es ging darum, wie Künstler sich mit dem Thema beschäftigen, um auf diese Weise vielleicht das Umweltbewusstsein der Menschen zu fördern.“ An den Zielen Umweltschutz und Nachhaltigkeit arbeite man weiter.
Letzte Meldung: Auch bei Audi-Modellen wurden Abgaswerte manipuliert. Audi sponsert die Berlinale, die Bayreuther Wagner-Festspiele und die Salzburger Sommer-Festspiele. VW ist in Salzburg an Ostern dabei.