80. Geburtstag an Silvester: Die böse Noblesse des Anthony Hopkins
Feingeist, Charakterdarsteller und Oscarpreisträger: Der britische Schauspieler Anthony Hopkins feiert an Silvester seinen 80. Geburtstag. Eine Gratulation.
Der gefährlichste Mann der Welt. Das ist das Erste, was einem bei Anthony Hopkins einfällt: Hannibal Lecter, der Kannibale mit Gesichtsmaske und vergittertem Beißschutz in „Das Schweigen der Lämmer“ (1991). Nicht mal die Eisenstäbe vor seinen Lippen können Hannibals Opfer schützen. Er braucht sie nur anzusprechen in seinem feinen, messerscharf geschliffenen Oxford-Englisch: Noch in Zwangsjacke verschnürt und weggesperrt hinter der Maske, verletzt er jeden zutiefst, der ihm nahekommt. Die Frauen vor allem. Ein Satz, eine Frage genügt.
Brillanter Kopf, perfide Freundlichkeit, verführerische Stimme, stählerner Blick – die Rolle wurde Anthony Hopkins nie wieder los. Sie hat ihm einen Oscar beschert, zwei Sequels und die späte Erkenntnis, er hätte es als Hannibal Lecter besser beim ersten „Lämmer“-Film von Jonathan Demme belassen sollen.
Distinguiert und ordnungsbesessen
Der Kannibale überschattet auch seine andere Parade-Partie, die des Butlers in „Was vom Tage übrig blieb“ zwei Jahre später. James Ivory verfilmte den Meisterroman von Kazuo Ishiguro – der 2017 den Literaturnobelpreis erhielt. Da ist Hopkins das genaue Gegenteil: der distinguierteste Mann der Welt, ein scheuer, ordnungsbesessener Diener, verschlossen wie ein Grab. Nie kommt ihm ein Gefühl über die Lippen. Und doch bringt er in der winzigen Pause, als er der Wirtschafterin Miss Kenton alias Emma Thompson zur bevorstehenden Hochzeit gratuliert, all die Liebe zum Ausdruck, die er sich zeitlebens versagt: „You have my warmest – congratulations“.
Anthony Hopkins, das Monster, der Sanfte. Inkarnation des Bösen, Inbegriff der Güte. Ein Waliser in Hollywood, Charakterdarsteller mit wilder Vergangenheit. 1937 als Bäckersohn in Port Talbot geboren, schlechter Schüler, mieser Student (nach eigenen Angaben), Auftritte in Leicester und Liverpool, Entdeckung durch Sir Laurence Olivier, der ihn 1965 ans National Theatre engagiert. Hassliebe zu Shakespeare, Bühneneklats, Zoff mit Regisseuren, Alkoholprobleme, eine erste gescheiterte Ehe – Karriere klingt anders. Er spielt im Fernsehen, ab 1971 in Actionfilmen, bald auch am Broadway.
Graue Eminenz im Blockbusterkino
Hopkins zieht nach Amerika, spezialisiert sich auf Machtmenschen und bad guys. King Lear, Richard Löwenherz, Hitler, Putin, Nixon, Picasso, Zorro, Hitchcock, Onkel Wanja, Methusalem, Teufelsaustreiber – in über hundert Filmen spielte er bis heute. Anthony Hopkins kann Thriller, Psycho und Fantasy, Biopics und immer auch den gediegenen Kostümfilm britischer Art, die etwas aus der Mode gekommene Distinktion mit viel Seele zwischen den Zeilen. Er hat mit Richard Attenborough, David Lynch und Oliver Stone gedreht, mit Spielberg, Coppola, Ridley Scott – und er denkt nicht daran aufzuhören. In letzter Zeit hat er sich auf die elder statesmen in Hollywood-Blockbustern verlegt, er tritt in „Transformers“ als Landadeliger auf oder in „Thor“ als einäugiger Obergott Odin.
Seine früheste Erinnerung, hat er einmal gesagt, sei ein böses Gesicht, das sich über den Kinderwagen beugt. Und dass er die Rollen spielt, die ihm angeboten werden, dass er seinen Text lernt und fertig. Der Feingeist, der Bilder malt und am liebsten zu Hause in Malibu Klavier spielt, gibt sich gern unwirsch. Bloß keine falschen Attitüden. An diesem Sonntag feiert Anthony Hopkins seinen 80. Geburtstag.
Christiane Peitz
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