Comic-Bestenliste: Die besten Comics 2019 – Moritz Honerts Favoriten
Welches sind die besten Comics des Jahres? Das haben wir unsere Leser und eine Fachjury gefragt. Heute: Die Top-5 von Tagesspiegel-Redakteur Moritz Honert.
Auch in diesem Jahr fragen wir unsere Leserinnen und Leser wieder, welches für sie die besten Comics der vergangenen zwölf Monate waren - hier eine Auswahl der Ergebnisse. Parallel dazu ist wie bereits in den vergangenen Jahren wieder eine Fachjury gefragt. Die besteht in diesem Jahr aus acht Autorinnen und Autoren der Tagesspiegel-Comicseiten: Barbara Buchholz, Birte Förster, Christian Endres, Ute Friederich, Moritz Honert, Sabine Scholz, Ralph Trommer, Lars von Törne.
Die Mitglieder der Jury küren in einem ersten Durchgang ihre fünf persönlichen Top-Comics des Jahres, die in den vergangenen zwölf Monaten auf Deutsch erschienen sind. Jeder individuelle Favorit wird von den Jurymitgliedern mit Punkten von 5 (Favorit) bis 1 (fünftbester Comic) beurteilt. Daraus ergibt sich dann die Shortlist, auf der alle Titel mit mindestens fünf Punkten oder mindestens zwei Nennungen landen. Diese Shortlist wird abschließend von allen acht Jurymitgliedern erneut mit Punkten bewertet - daraus ergab sich die Rangfolge der besten Comics des Jahres, die am 19. Dezember im Tagesspiegel veröffentlicht wird.
Die Favoriten von Tagesspiegel-Redakteur Moritz Honert
Platz 5: Jason Lutes – „Berlin – Flirrende Stadt“
Er hat es geschafft. Nach 22 Jahren hat Jason Lutes mit „Berlin - Flirrende Stadt“ (Carlsen, 220 S., 14 €) sein Panoptikum der Weimarer Republik doch noch zu einem Ende gebracht. Allein für diesen langen Atem gebührt ihm Achtung. Dafür, dass es ihm dann auch noch gelungen ist, die vielen Handlungsstränge zu einem schlüssigen, spannenden und bewegenden Ende zu bringen, verdient er darüber hinaus großen Applaus.
Platz 4: Sean Murphy: „Batman - Der weiße Ritter“
Was wäre wenn? Wenn der Joker vom Wahnsinn geheilt wäre? Wenn Batman für all die bei seinem Kreuzzug angerichteten Sachbeschädigungen und Körperverletzungen juristisch zur Rechenschaft gezogen werden würde? Die Antwort, die Sean Murphy in „Der weiße Ritter“ (Panini, 220 S., 22 S.) auf diese Fragen gibt, ist gleichzeitig entlarvende Meta-Parodie sowie aufrichtige Hommage und damit große Kunst.
Platz 3: Cristin Wendt & Ronja Büscher: „Message – Buch 1: Loading)“
Ist Künstliche Intelligenz ein Segen oder ein Fluch? Die deutsche Autorin Cristin Wendt geht in ihrer Dystopie „Message“ (Cross Cult, 80 S., 20 €) vom Schlimmsten aus. „Loading“, der ersten von fünf geplanten Bänden, erzählt von einer Welt, in der die KI KIEM, einst geschaffen, um den Klimakollaps aufzuhalten, sich gegen ihre Schöpfer gewandt hat. Sowohl grafisch als auch erzählerisch einer der vielversprechendsten Gerne-Titel aus der heimischen Comiclandschaft.
Platz 2: Gou Tababe: „Der Hund und andere Erzählungen“
Viele Comiczeichner haben es versucht, viele sind gescheitert. Wie soll man Howard Philips Lovecrafts Grauen einfangen, wenn es doch den menschlichen Verstand übersteigt und dessen Anblick genügt, einen in den Wahnsinn zu stürzen? Der Japaner Gou Tanabe schafft es in „Der Hund und andere Erzählungen“ (Carlsen, 176 S., 12 €) bravourös, weil er formal wie Lovecraft mit hohem Realismus ans Werk geht, das Ursprungmaterial aber nicht sklavisch abmalt. Das Grauen eins zu eins als schleimiges, geflügeltes Monster zu zeigen, vermeidet er. Lieber überwältigt er mit suggestiven Bildern megalomanischer Architektur. Ein erleuchteter Torbogen, von dem man nicht weiß, was sich dahinter verbirgt, ist unheimlicher als jeder Tentakel.
Platz 1: Jean-David Morvan & Pierre Alarv: „Conan, der Cimmerier – Die Königin der schwarzen Küste“
Natürlich ist das hier Rummelplatzliteratur: aufregend, unterhaltsam und völlig aus der Zeit gefallen. Aber eben nicht nur. Autor Jean-David Morvan und Zeichner Pierre Alary, die mit „Die Königin der schwarzen Küste“ (Splitter, 64 Seiten, 15,80 Euro) den Auftakt zu einer neuen, inzwischen auf fünf Bände angewachsenen Reihe von „Conan“-Adaptionen vorlegten, erzählen vordergründig rasante Schwänke voller Blut, Gold und kaum verhüllter, kantig-cartooniger Astralleiber. Wovon sie aber auch erzählen, ist die archaische Seligkeit des Fernwehs. Sie feiern die Lust am Entdecken, am Abenteuer, am stets neuen Aufbruch auch nach einer Niederlage und damit ein Menschenbild, das heutigen Nordländern, die zwar bei Manufactum dem Fetisch des Ursprünglichen huldigen, sich aber in der eigenen Stadt verfahren, wenn der Akku vom Smartphone alle ist, als so einfaches wie glorreiches Ideal erscheinen muss.
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