Voces Suaves live in Berlin: Der Zephir bringt gutes Wetter
Das Schweizer Ensemble Voces Suaves gastierte mit Monteverdi bei den ersten "Barocktagen" der Staatsoper im Pierre Boulez Saal.
Schon zu Lebzeiten Monteverdis nennen seine Bewunderer ihn den göttlichen Claudio. Höhere Verehrung ist kaum denkbar, als sie dieser zeitgenössische Fanclub einem Musiker entgegenbringt. Nach seinem Tod in Venedig 1643 gerät der Komponist in Vergessenheit. Im heutigen Musiktheater aber lebt sein Werk. Die Staatsoper hat ihre ersten „Barocktage“ eröffnet, und auf der Bühne gibt es neben einer Rameau-Premiere die Monteverdi-Opern „L’Orfeo“ und „L’Incoronazione di Poppea“. Orchester aus der Alte-Musik-Szene vertreten die Staatskapelle, die mit Barenboim auf Tournee ist.
Das erste Konzert dieses Festivals in Berlin macht das Publikum im Pierre Boulez Saal vor Staunen stumm. Konzentriertere Aufmerksamkeit hätten sich die acht Mitglieder der Voces Suaves nicht wünschen können. Ein Vokalensemble aus Basel, das sich der Musik der Renaissance und des Barock in solistischer Besetzung verschrieben hat, singt Monteverdi. Es geht darum, dass der Opernkomponist als Madrigalist gefeiert wird. Über sein ganzes schöpferisches Leben erstreckt sich das Madrigal, das vom niederländisch polyphonen Satz, bevorzugt fünfstimmig, zum „erregten Stil“ führt, von der Hochrenaissance zum Frühbarock.
Mitunter kommt eine Basslaute dazu
Die lieblichen Stimmen der Voces Suaves klingen glockenrein, geführt von professionellen Sängerinnen und Sängern, als deren künstlerische Heimat die Schola Cantorum Basiliensis ausstrahlt. Tobias Wicky, der das Ensemble 2012 gegründet hat, verkörpert darin den Bariton. Aus dem achten der Monteverdischen Madrigalbücher singen sie „Lamento della Ninfa“, die schmerzliche, dissonanzstarke Klage einer Nymphe, und der Raum weckt Reminiszenzen an den Markusdom, wenn die Sängerinnen aus höchster Höhe zu vernehmen sind. Das Stück ist dem berühmten „Lamento d’Arianna“ nahe. Es geht in den Texten der Madrigale (Tasso obenan) um Liebe und Naturbilder sowie auch humoristisch um das ewige „O weh“. Der Zephir bringt gutes Wetter, doch die Liebe hat gelogen. Singend treten die Interpreten auf und folgen dabei den Einsätzen der Musik. Wo der Gesang ein Fundament verlangt, begleitet ihn Ori Harmelin auf der Theorbe (Basslaute). Ein exquisites Vergnügen.
Die Staatsoper bereitet die Uraufführung eines Auftragswerkes vor: „Violetter Schnee“ von Beat Furrer. Als willkommene Kostprobe von dem Schweizer Komponisten, Siemenspreisträger und Fellow des Wissenschaftskollegs wird „a sei voci“ auf einen für Monteverdi bestimmten „Orfeo“-Text angestimmt. Das ist fein gesponnene Musik, Klanggrund mit Sprecheinlagen. Selbst wenn sie wütend sind, können Bacchantinnen angenehm klingen.