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Akademie ohne Direktor: Die dffb. Ihre Studentenschaft sieht das künstlerische Profil gefährdet.
© IMAGO

Dffb ohne Direktor: Der Protest geht weiter

Noch immer wurde kein neuer Direktor für die traditionsreiche Filmakademie ernannt. Die Studentenschaft fühlt sich vom Entscheidungsprozess ausgeschlossen und macht mit einer weiteren öffentlichen Podiumsdiskussion auf ihre Situation aufmerksam.

Nach fast zwei Stunden Podiumsgespräch wird Carl Hegemann, ohnehin ein Freund des mit Verve vorgetragenen Worts, noch einmal richtig laut: „Was? Die Tragweite der Geschichte mir wird gerade erst richtig klar. Das ist ja, unabhängig von unserer ganzen bisherigen Diskussion, ein solcher Skandal!“

Bislang ging es ihm auf dem Podium vor allem um die großen Fragen nach dem Gegensatz zwischen Kunst und Institution, dem Dasein als freier Künstler und den Bedingungen künstlerischen Schaffens im Zeitalter der Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Nun aber kommt das Gespräch noch einmal auf die hochschulpolitischen Details der aktuellen Situation an der Dffb.

Was den langjährigen Volksbühnen-Dramaturgen und aktuellen Professor an der Hochschule in Leipzig nun noch einmal so empört, ist der Ausschluss studentischer Vertreter bei der Wahl des neuen Dffb-Direktors. Bereits im Dezember hatten Studierende der Filmakademie ihre Befürchtungen öffentlich gemacht, entgegen früherer Versprechen auch diesmal wieder bei der Entscheidung des Kuratoriums übergangen zu werden.  Seitdem ist der Stand in Sachen Personalentscheidung unverändert; es gibt sogar Gerüchte, zusätzlich zu den beiden in der gemeinsamen Findungskommission verbliebenen Finalisten, der Kamerafrau und Professorin Sophie Maintigneux und dem Regisseur Julian Pölsler ("Die Wand") neue Kandidaten einzuladen. „Das Verfahren ist völlig intransparent“, geben die Studierenden auf dem Podium besorgt zu bedenken. Seit Anfang Dezember gebe es von Seiten des Kuratoriums keinerlei offizielle Informationen über den Fortgang der Wahl.

Dffb: Studentenschaft moniert Intransparenz

Es ist vor allem diese mangelnde Kommunikation an der mit nur 30 Mitarbeitern und etwa 150 aktiven Studierenden sehr kleinen und traditionell für ihre starke studentische Mitbestimmung bekannten, als gemeinnützige GmbH geführten Filmakademie. Schon unter dem im Sommer zurückgetretenen Direktor Jan Schütte wurde die fehlende Dialogbereitschaft immer wieder moniert. Aber auch die künstlerische Vision habe unter Schütte gefehlt, erklärt Kamerastudentin Agnes Pakozdi, die sich schon lange in studentischen Gremien engagiert. „Der Glanz nach außen war ihm immer wichtig, nach innen sind die Strukturen einfach auseinander gegangen. Wir möchten nicht, dass wieder so ein Mangel an künstlerischer Betreuung entsteht. Ein ästhetischer Diskurs auf hohem Niveau ist für die Zukunft der Dffb essentiell!“ Die Vorschläge der Studentenschaft zur Umstrukturierung des Auswahlverfahrens für den neuen Direktor seien vom leitenden Kuratorium jedoch einfach ignoriert worden.

Ihre Strategie lautet deshalb weiterhin: möglichst viel Öffentlichkeit. Die Podiumsdiskussion im Gorki-Theater ist nach dem Auftakt in der Akademie der Künste im Dezember die zweite ihrer Art. Künstler und Filmdozenten, die meisten ehemalige Absolventen der Dffb, tauschen sich mit den Studierenden über grundlegende Positionen, aber auch konkrete Handlungsmöglichkeiten aus.

Angelina Maccarone: Namen nennen!

Die Runde schwankt dabei zwischen Idealismus und Pragmatik. So trifft etwa Hegemanns offene Verehrung frühromantischer ästhetischer Positionen auf den pragmatischen Realismus Martin Hagemanns, Filmproduzent und Dozent an der Filmuniversität "Konrad Wolf" in Potsdam-Babelsberg. Regisseurin Angelina Maccarone plädiert dafür, endlich einmal konkrete Namen zu nennen: „Warum wird Sophie Maintigneux, die Wunschkandidatin der gesamten Akademie, die es nun schon zum zweiten Mal in die Endrunde des Bewerbungsverfahrens geschafft hat, eigentlich nicht zur Direktorin gewählt? Es liegt nahe, dass das auch einen sexistischen Hintergrund hat, denn es wäre das erste Mal, dass eine Frau der Dffb vorsteht.“ Regisseur Romuald Karmakar dagegen weist auf konkrete lokalpolitische Hintergründe hin und rät der Studentenschaft, die wegen des Machtwechsels in der Senatskanzlei entstandene offenere Situation für die Hochschule zu nutzen. „Das muss jetzt schnell gehen, ihr müsst jeden Tag erneut auf euch aufmerksam machen!“

Schließlich geschieht doch noch, was Maccarone als „selbstreflexive Selbstzerfleischung“ analysiert: Obwohl sich über die Positionen zum Leitungskonflikt an der Dffb im Grunde alle einig sind (die Mitglieder des Kuratoriums und des Senats sind der Einladung aufs Neue nicht gefolgt), wird die Stimmung auf der Bühne schließlich konfrontativ. Hagemann und Karmakar geraten über der Frage nach „Floskeln“ versus „einfaches Arrangement“ aneinander. Eine typische Auseinandersetzung zwischen Regisseur und Produzent, wie sie es auch sonst in der filmischen Arbeit gibt. Vielleicht ja auch bald wieder am „Sehnsuchtsort Dffb".

Julia Dettke

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