Hans Gerhard Hannesen verlässt die Akademie der Künste: Der musische Manager
Er war die große Seele des Hauses: Hans Gerhard Hannesen, 25 Jahre lang Präsidialsekretär der Akademie der Künste, geht in den Ruhestand. Eine Würdigung.
Graue Eminenz, das wäre bei einem so freundlich offenen, den Menschen wie den Künsten zugewandten Zeitgenossen keine ganz treffende Bezeichnung. Aber wenn es in der Berliner Akademie der Künste so etwas wie die Seele des großen Hauses gab, dann hörte sie ein Vierteljahrhundert lang auf den Namen Hans Gerhard Hannesen.
Jetzt hat er sein Büro als Präsidialsekretär am Pariser Platz geräumt und tritt, offenbar wohlgemut, in den im Wortsinne akademischen Ruhestand.
Der promovierte Kunsthistoriker ist seit Studentenzeiten ein Wahlberliner von der Mosel. Denn dort, in Traben-Trarbach, besitzt die Familie Hannesen seit über hundert Jahren ein Weingut. Hans Gerhard Hannesen aber zog es früh in den Nordosten und zugleich in den Süden. Schon während des Studiums an der FU Berlin arbeitete er zeitweise in Perugia und in der römischen (deutschen) Biblioteca Hertziana. Für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung betreute er zudem ausländische Berlin-Besucher, vornehmlich aus Italien. Beruflich war er ab 1984 Mitarbeiter der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dort für die damals noch im Schloss Charlottenburg residierende Gemäldegalerie beispielsweise beim Katalog zu Caspar David Friedrich tätig oder für die Konzeption der Ausstellung über Lovis Corinth und Friedrich den Großen in Mythos und (Kunst-)Geschichte verantwortlich.
Ein Mann mit diplomatischem Feingefühl
Der damalige Preußenstiftungs-Präsident Werner Knopp holte Hannesen dann 1986/87 in das Gründungsteam des von Kanzler Helmut Kohl gewünschten Deutschen Historischen Museums (DHM), wo Hannesen insbesondere den Kontakt mit dem italienischen Architekten Aldo Rossi pflegte. Rossi sollte vor der Wende in West-Berlin einen postmodernen Museums-Neubau im Spreebogen bauen. Der auch danach über Jahre anhaltende Streit um das von Kritikern einer „Glorifizierung der deutschen Historie“ verdächtigte DHM bedeutete für Hannesen: eine Art Feuertaufe. 1993 wechselte er, der Museums-Querelen müde, an die Akademie der Künste, ins Büro des West-Berliner AdK-Präsidenten Walter Jens. Den hatte er zuvor bei einem Akademieabend zum Thema „Wie viel Utopie braucht eine Gesellschaft?“ kennengelernt.
Bald darauf sollte eine recht konkrete Utopie Wirklichkeit werden: nämlich die Vereinigung der West- und Ost-Akademien. Auch das mit heftigen Debatten über alle intellektuellen Ost-West-Konflikte verbunden. Hannesen, ein Mann von diplomatischem Feingefühl, war eben streit- und streitschlichtungserprobt. Im Gespräch erzählt er auch, dass er Heiner Müller als Ost-Akademiepräsident als konstruktiv und „ausgesprochen angenehmen Menschen“ erlebt habe: „Ich hatte mir Müller immer als Zyniker vorgestellt, aber die Person war ganz anders als das Werk!“
Bettina Huber wird seine Nachfolgerin
Hannesen, als eine Mischung aus persönlichem Referenten des Präsidenten und musischem Manager (alias Generalsekretär) die Akademie-Seele in Person, hat seit 1993 mit Walter Jens, György Konrád, Adolf Muschg, Klaus Staeck und aktuell Jeanine Meerapfel fünf Häuptern der Akademie zur Seite gestanden. Hierzu macht er keinen Hehl, dass ihm unter allen der ungarische Schriftsteller György Konrád der nächste und eindruckvollste war. „Konrád strahlte als Überlebender des Holocaust mit seinem ungarisch-jüdischen Witz und seiner Weisheit eine besondere Souveränität aus, ohne je bigott oder selbstgerecht zu sein. Zudem besaß er die Fähigkeit zur Selbstkritik.“ Eine Gabe, die in einer Akademie der Künstlerkoryphäen nicht die verbreitetste sein mag.
Hans Gerhard Hannesen, gerade zurückgekehrt von einer fünften großen Nepal-Reise, sieht für sich, auch ohne nun seine Memoiren zu schreiben, im Vorstand der Max-Liebermann-Gesellschaft oder des Freundeskreises der Staatsbibliothek noch immer reichlich Aufgaben. Als seine Nachfolgerin will die Akademie Bettina Huber, bisher im Büro der Präsidentin Jeanine Meerapfel, Anfang Januar öffentlich vorstellen.
Peter von Becker
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