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Neues Abenteuer: Eine Szene aus dem aktuell in der "Hörzu" laufenden Mecki-Strip.
© Illustration: Kiefersauer

Mecki wird 70: Der Igel und der Meisterzeichner

Mecki, der Comic-Igel aus der „Hörzu“, wird 70. Comiczeichner Bela Sobottke besucht Meckis Zeichner Johann Kiefersauer in seinem Berliner Atelier.

Johann Kiefersauer steht lächelnd im Eingang seiner Honk-Studios, die sich in einer ehemaligen Kreuzberger Tabakfabrik befinden, und ich begrüße ihn begeistert mit „Hallo, Hansi“. Ich bin zwar um einiges jünger, und wir sind uns noch nicht persönlich begegnet, aber wenn man diesem freundlichen, bescheidenen Mann gegenübersteht, liegt ein liebevolles „Hansi“ näher als ein strenges „Johann“ oder gar „Herr Kiefersauer“.

Zudem habe ich bei meinem zweistündigen Atelierbesuch noch genügend Gelegenheit, meine Hochachtung für diesen Meister unserer Zunft zum Ausdruck zu bringen.

Ein Meister des Comic-Handwerks

Und genau das ist Hansi Kiefersauer: ein Meister des Comic-Handwerks. Mancher Leser mag ihn eventuell nicht kennen, denn er hat in den vergangenen 20 Jahren keine Alben oder Bücher herausgebracht. Trotzdem war er produktiv wie kaum ein anderer deutschsprachiger Zeichner, und zwar im Bereich der Auftragscomics.

Seine „Dr. Bubi Livingston“-Strips erscheinen seit 1991 in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (ab 2012 mit textlicher Unterstützung durch Bert Henning), seit 1994 werden in diversen Zeitungen seine „Käpt’n Blaubär“-Strips abgedruckt (die er dieses Jahr an Andreas Michalke abgegeben hat), und seit 2006 zeichnet er für die Fernsehzeitschrift „Hörzu“ den Mecki, dessen Geschichten er gemeinsam mit seiner Frau Lilli Herschhorn entwickelt.

Mecki ist zu Kiefersauers Lebenswerk geworden, mit beeindruckender Regelmäßigkeit erscheint jede Woche eine neue Seite, 52 im Jahr.

Panel für Panel: Johann Kiefersauer in seinem Kreuzberger Atelier.
Panel für Panel: Johann Kiefersauer in seinem Kreuzberger Atelier.
© Mike Wolff

Mecki, das ist bundesdeutsches Kulturgut. Und Mecki feiert in diesem Monat seinen siebzigsten Geburtstag als Comicfigur. Erfunden wurde Mecki als namenloser Igel noch früher, im finsteren Jahr 1938 für den Puppentrickfilm „Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel“ der drei Brüder Diehl, basierend auf dem Grimm’schen Märchen.

Entenbraten und die neue Mecki-Folge

Nach dem Ende von Nazi-Diktatur und Zweitem Weltkrieg benötigte die junge Zeitschrift „Hörzu“ ein Maskottchen, griff auf die Igel-Figur zurück und taufte den stacheligen Kerl Mecki. Zeichner Reinhold Escher gab ihm 1949 sein bis heute weitgehend beibehaltenes Äußeres.

Bald wurden aus den Einzelbildern Comicseiten, Stück für Stück wurde das Ensemble um weitere Figuren erweitert, wie den cholerischen Pinguin Charly oder den schläfrigen Affen Schrat. Ab Ende der 50er Jahre zeichneten auch andere Zeichner den Comic; Mecki kam und ging, war aber nie länger aus der „Hörzu“ verschwunden. 1985 übernahm Volker Reiche, der später mit seinem „FAZ“-Strip „Strizz“ zu Ruhm kommen sollte, den Comic.

Alter Igel: So sieht unser Autor den Jubilar.
Alter Igel: So sieht unser Autor den Jubilar.
© Illustration: Bela Sobottke

Zu dieser Zeit wurde ich zum Mecki-Fan. Ich war damals zehn, meine Oma hatte die „Hörzu“ im Abo. Wenn ich bei ihr in Wilmersdorf zu Besuch war, gab es den weltbesten Entenbraten mit Knödeln, ich durfte Rabattmarken von Butter Lindner kleben, und mir die Mecki-Seite aus der aktuellen Hörzu rausreißen. Zuhause lochte ich das gute Stück, und heftete es in meinem Mecki-Ordner ab.

Millionen Leser, Woche für Woche

Das ist das Phänomen „Hörzu“: Viele Leser von heute kennen die Zeitschrift bereits von ihren Eltern oder Großeltern, gerüchteweise werden „Hörzu“-Abos gar vererbt.

So kommt es, dass die Hörzu, die vor einigen Jahren vom Springer Konzern an die Funke Mediengruppe verkauft wurde, bis heute eine verkaufte Auflage von gut 900.000 Exemplaren hat (die Reichweite soll sogar bei 3,63 Millionen liegen) - eine unglaubliche Leistung für eine Fernsehzeitschrift in Zeiten von Auflagenschwund und Streaming-Diensten.

Tinte und Feder: Der Zeichner bei der Arbeit.
Tinte und Feder: Der Zeichner bei der Arbeit.
© Mike Wolff

Volker Reiche zeichnete Mecki bis 1999. Es folgte eine unruhige Phase, in der sich diverse Zeichner an der Figur probierten, u.a. der leider viel zu früh verstorbene Harald Siepermann (Zeichner von Alfred Jodocus Kwak) und Witteck als anonymer Ghostzeichner für die Ully Arndt Studios. 2002 wurde wieder Volker Reiche engagiert, und zeichnete eine modernisierte Version Meckis, bis er den Comic 2006 an Johann Kiefersauer übergab.

Seither zeichnet Hansi den Comic, zuerst in kurzen Episoden, bald in langen Fortsetzungsgeschichten. Er schickte Mecki nach Italien und China, zuletzt gar in die Vergangenheit.

Klar, aber mit verspielter Liebe zum Detail

Bei der jüngst beendeten Zeitreise-Geschichte zeigt Kiefersauer sein ganzes Können und lässt Mecki, Charly und Schrat auf Steinzeitmenschen und Dinosaurier treffen. Das wird temporeich erzählt, mit tollen Zeichnungen und witzigen Details.

Der Comic ist in ein klassisches Vier-Streifen-Raster aufgeteilt, das der Zeichner hier und da durchbricht. Das tut er nie beliebig, sondern dann, wenn das abgebildete Motiv es empfiehlt. Wenn zum Beispiel ein besonders hohes Dinosaurierskelett ins Bild kommt, geht das Panel über die komplette Höhe des Blattes, eingerahmt von kleinen Bildern, die sich an die übliche Struktur halten.

Dieses Detail illustriert Hansi Kiefersauers Interpretation von Mecki: klassisch, aber dynamisch. Klar, aber mit verspielter Liebe zum Detail.

Am Tablet: Hier werden die Zeichnungen digital nachbearbeitet und koloriert.
Am Tablet: Hier werden die Zeichnungen digital nachbearbeitet und koloriert.
© Mike Wolff

Hansis Mecki-Comics würden sich auch fantastisch für eine Zweitveröffentlichung im Albenformat eignen. Auf die Frage, ob er sich das wünschen würde, antwortet er: „Warum sollte ich? Ich erreiche jede Woche eine Million Menschen. Da kann kein Album mithalten.“

Und damit hat er absolut recht. „Aber es sind doch nur schnöde Auftragscomics“, höre ich den kritischen Alben-Freund sagen. Ja, stimmt, Auftragscomics: Eine Redaktion bestellt einen Comic, ein Meisterzeichner liefert, das Ergebnis sieht toll aus, wird fair bezahlt und von Hunderttausenden Menschen gelesen.

Skizzen und Reinzeichnungen: Ein Blick auf Johann Kiefersauers Zeichentisch.
Skizzen und Reinzeichnungen: Ein Blick auf Johann Kiefersauers Zeichentisch.
© Bela Sobottke

Dieser einfachen Gleichung wohnt eine große Schönheit inne. Keine Förderung, keine Selbstausbeutung, keine Querfinanzierung. So lohnend können Comics für alle Beteiligten sein. Verrückt, was?

Unser Autor Bela Sobottke ist Grafiker und Comiczeichner und lebt in Berlin. Er ist auf deftige Genre-Comics spezialisiert wie die jüngst im Anthologie-Album "Cozmic" erschienene Geschichte "Blutmond 3000".

Bela Sobottke

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