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In Dresden zu Hause. Rolf Hoppe beim Filmdreh 1992.
© Hubert Link/picture alliance/dpa

Zum Tod von Rolf Hoppe: Der gute Böse

Er war der Märchenkönig, der Nazi-Teufel, der süffisante Komödiant: zum Tod des wunderbaren Schauspielers Rolf Hoppe.

Er hatte eine menschliche Tiefe in der Stimme, etwas Eindringliches und zugleich Gedämpftes, man fühlte sich eingenommen von diesem Mann, wenn er auch nur wenige Worte sagte. So wie vor nicht allzu langer Zeit in einem Fernsehinterview: „Ich hab’ doch ein schönes Leben gehabt. Ich habe Glück gehabt durch meinen Beruf.“ Dabei strich eine Traurigkeit aus seinen tiefliegenden Augen um den mächtigen Altersbart.

Der Schauspieler Rolf Hoppe konnte Gefühle zeigen, das ist der Beruf. Aber er spielte immer das Geheimnis mit, so vieles blieb unausgesprochen in seinen Rollen, und auch dieses Untergründige vermittelte sich mit Macht – nicht mehr vorstellbar im gegenwärtigen Theater, das sich durch forciertes Auftreten und Lautstärke definiert.

Geboren in Ellrich am Südharz, ist er jetzt mit 87 Jahren in Dresden gestorben; die sächsische Hauptstadt nannte er seine Heimat. Auch Einar Schleef, ein anderer, so früh gegangener Gigant des DDR-Theaters, kam aus der Harzgegend. Und was war Schleef für ein Orkan, ein Berserker, aber auch zart wieder in seinen Familiengeschichten. Und beide, so unterschiedlich sie wirkten, bewegten sich über die deutsche Grenze, bewegten die Kultur in beiden Staaten.

Rolf Hoppe war schon lange deutsch-deutsch unterwegs

Rolf Hoppes Karriere war eine deutsche. Eine ostdeutsche – und dann doch wieder anders. Außergewöhnlich. Nach einem Engagement in Halle ging es für ihn quer durch das kleine, an Bühnen so reiche Land: Gera, Greifswald, Dresden natürlich, Berlin, Deutsches Theater. In den Sechzigerjahren waren West wie Ost von einer großen Indianermode erfasst; man konnte moralisch auf der richtigen Seite stehen und die Exotik pflegen. Mario Adorf gab den Fiesling in den Karl-May-Filmen (die wenig mit Karl Mays, des Sachsen, Romanen zu tun hatten), Rolf Hoppe hatte diesen Part in Defa-Wildwestabenteuern wie die „Spur des Falken“, Apachen“ und „Ulzana“. Lange bevor sich die abgesperrten Jagdgründe als doch nicht so ewig erwiesen haben, war Rolf Hoppe deutsch-deutsch unterwegs. Er drehte in Leipzig mit dem West-Regisseur Peter Schamoni 1983 „Frühlingssinfonie“, einen Film über Robert Schumann, den Herbert Grönemeyer spielte. Hoppe war der harte Schwiegervater des Komponisten.

In Klaus Manns "Mephisto" spielte er eine Paraderolle

Zuvor kam Hoppe zu seinem unvergesslichen Auftritt im Weltkino, als er in István Szabós Klaus-Mann-Verfilmung „Mephisto“ einen theaterbegeisterten Hermann Göring spielte; nicht so feist wie das Original und ungeheuer bedrohlich. Klaus Maria Brandauer, grellweiß geschminkt, gab einen brillanten Schauspielerteufel. Szabó gewann 1982 den Auslands-Oscar. Im Gedächtnis bleibt vor allem diese Szene: Brandauer/Gründgens begegnet im Theater Hoppe/Göring. Man sieht in Kürze, was Macht bedeutet, wie Sadismus aussieht – und wie nahe Opportunismus und Todesgefahr beieinander liegen. Einige „Mephisto“-Szenen wurden in der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften der DDR in Babelsberg gedreht; eine schöne Ironie, Nazi-Dekoration im Honecker-Reich.

Eine Mischung aus Süffisanz und Verletzlichkeit

Hoppe ist für seine ironische Art gefeiert worden. Es war mehr: eine Mischung aus Süffisanz und Verletzlichkeit. Man wusste nie so genau, ob es ins Maliziöse oder Gutmütige ging. Selbst kleine Auftritte in „Alles auf Zucker“ und „Schtonk“ machte er groß. Er war doch auch ein Komödiant. Von Statur. Das hat man selten.

Und nicht oft wird ein Film zum Volkseigentum, über die Zeiten hinweg. Jetzt kommen sie wieder, die Christbäume, die Weihnachtsmärkte und all das Glitzerzeug. Für viele Menschen lässt sich ohne „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ die Winterjahreszeit nicht denken. Rolf Hoppe ist in der DDR-CSSR- Produktion von 1973, die zum Kult wurde, der König.

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