Geburtstagsgeschenke für „Peanuts“-Fans: Der gute alte Charlie Brown, neu entdeckt
Zum 70. Geburtstag der „Peanuts“ geben zwei Jubiläumsveröffentlichungen neue Einblicke in die Hintergründe der weltweit erfolgreichen Comicserie.
Ein wildgewordener Roboter bringt die Welt von Charlie Brown und seinen Freunden durcheinander. Der kleine Linus mit der Schmusedecke kann plötzlich malen wie Leonardo da Vinci. Und Snoopy macht sich mithilfe einer Silvesterrakete auf den Weg zum Mond, was mit einer irdischen Bruchlandung endet.
So kannte man sie noch nicht, die Hauptfiguren dieses Comic-Klassikers. Am Freitag ist es 70 Jahre her, dass die erste Folge der „Peanuts“ in US-Zeitungen erschien. Zum Jubiläum gibt es unter den zahlreichen Sonderveröffentlichungen mit größtenteils bekanntem Material eine, bei der auch Fans noch etwas Neues entdecken können.
Denn neben den knapp 18 000 Zeitungsstrips im klassischen Format, die Zeichner Charles M. Schulz vom 2. Oktober 1950 bis zu seinem Tod am 12. Februar 2000 gezeichnet hat, gab es wegen des großen Erfolges der Reihe ab Ende der 1950er Jahre noch weitere Episoden mit Charlie Brown & Co., die hierzulande bislang so gut wie unbekannt waren: Dutzende meist längere Episoden von bis zu acht Seiten, die damals für US-Comic- Hefte gezeichnet wurden und im Gegensatz zu den Zeitungscomics mit ihrem strikt beschränkten Format viele Möglichkeiten boten, längere Geschichten zu erzählen.
Jetzt hat der Hamburger Carlsen-Verlag sie erstmals unter dem Titel „Peanuts – die Comics“ (Übersetzung Matthias Wieland, 352 Seiten, 28 €) gesammelt auf Deutsch veröffentlicht.
Die meisten dieser Heft-Comics sind durchgehend farbig – noch ein markanter Unterschied zu den täglichen, in der Regel aus drei bis vier Bildern bestehenden „Peanuts“-Strips, die wegen der technischen Beschränkungen des Zeitungsdrucks nur in den Sonntagsausgaben farbig und umfangreicher waren. Einige dieser jetzt neu zu entdeckenden Geschichten zeichnete Schulz selber, den Großteil delegierte er an andere Zeichner und Autoren, die sich mal mehr und mal weniger an seiner markanten Linienführung und seinem Erzählstil orientierten.
„Ein Füllhorn an Material, das nie zuvor in einem Buch gesammelt wurde“
Manche ließen die kleinen Figuren mit den großen Persönlichkeiten überdrehte Dinge erleben, die man bei Schulz so nicht gesehen hätte, wie ebenjenen außer Kontrolle geratenen Roboter. „Ein Füllhorn an Material, das noch nie zuvor in einem Buch gesammelt wurde und seit seinem ursprünglichen Erscheinen nicht mehr zu finden war“, schreibt der „Peanuts“-Experte Derrick Bang im Vorwort.
Die Grundzutaten sind die gleichen, die auch den in mehr als 20 Sprachen veröffentlichten Zeitungscomic zum internationalen Erfolg gemacht haben, nämlich die Hauptfiguren mit ihren besonderen Charaktereigenschaften: Charlie Brown, der mit unerschütterlichem Optimismus seinen täglichen Kampf gegen die Rückschläge des Lebens führt; seine Gegenspielerin Lucy mit ihrer gnadenlosen, oft grausamen Ehrlichkeit; der lebensfrohe Snoopy mit seiner für einen Hund bemerkenswert expressiven Persönlichkeit und viele weitere bekannte Figuren.
Kampf um die Schmusedecke
Der wohl stärkste Unterschied zu den klassischen Zeitungsstrips liegt im Erzählrhythmus. Wo Schulz mit täglich drei bis vier Bildern extrem konzentriert und reduziert die Dinge auf den Punkt brachte, wirken viele dieser längeren Comics langatmig und manchmal geschwätzig.
Ein über 30 Panels erzählter Kampf von Snoopy und Linus um dessen Schmusedecke ist zwar zeichnerisch eine sehr dynamische Angelegenheit – man hätte das aber auch in weniger Bildern erzählen können. Dennoch dürfte diese Sammlung für Fans der Reihe eine Bereicherung sein – und sei es, um sich anlässlich des Jubiläums daran zu erinnern, wie gut die Zeitungsstrips der „Peanuts“ in ihrer Reduktion auf das Wesentliche waren.
Wer mehr über die Hintergründe erfahren möchte, wird mit einem opulenten Jubiläumsband gut bedient, den der Autor Simon Beecroft zusammen mit dem Charles-M.-Schulz-Museum in Kalifornien erarbeitet hat. „Das Peanuts-Buch“ (Dorling Kindersley, 198 S., 19,95 €) gibt anhand Hunderter Fotos und Zeichnungen sowie kurzer, kenntnisreicher Texte einen Einblick in die Biografie von Schulz, die Entwicklung seiner Figuren und ihren internationalen Siegeszug. Und es erklärt, wieso die Reihe bis heute so populär ist.
„Ein ewiger Held der Hoffnung“
„Von Anfang an machte Schulz klar, dass es bei den Peanuts zwar um Kinder ging, die Comics aber weder kindisch noch nur für Kinder waren“, schreibt der US-Satiriker Stephen Colbert im Vorwort. Schulz habe es geschafft, dass sich Leser in den kleinen Siegen und Niederlagen seiner Figuren wiederfänden.
So wie in jener Szene, mit der die Reihe 1950 begann. Da spaziert Charlie Brown grinsend an zwei anderen Kindern vorbei. „Der gute alte Charlie Brown“, sagt eines der beiden. Und setzt im letzten Panel hinzu: „Wie ich ihn hasse!“ Hier offenbart sich bereits die ganze Tiefe, die den Strip auszeichnen sollte. Wie auch der unerschütterliche Optimismus, mit dem Schulz seine Figuren ausstattete.
Nicht nur für Colbert ist Charlie Brown „ein ewiger Held der Hoffnung“. Sein Vorwort zum Jubiläumsbuch schließt der Satiriker daher mit einer Variation des Zitats: „Der gute alte Charlie Brown ... wie ich ihn liebe!“
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