zum Hauptinhalt
Pelztierjäger in Kanada. Leonardo DiCaprio in "The Revenant".
© dpa

Golden Globes 2016: Der Eskapismus triumphiert

Solo-Abenteuer: Der Survival-Western "The Revenant" mit Leonardo DiCaprio und "Der Marsianer" mit Matt Damon setzen sich bei den Golden Globes durch. Das feinmaschigere Kino floppt komplett.

Steuert Alejandro Gonzáles Iñárritu einem Oscar-Hattrick entgegen? Folgt man den am Sonntag in Los Angeles verliehenen Golden Globes, spricht manches dafür – sofern der stets mit blendenden, auch blinkenden Werken verblüffende Mexikaner demnächst noch einen dritten Film binnen drei Jahren realisieren sollte. Mit drei von Hollywoods Verein der Auslandspresse vergebenen Top-Auszeichnungen für sein Überlebensdrama „The Revenant“ liegt er, nach dem letztjährigen Oscar-Triumph mit „Birdman“, für die Oscar-Nacht Ende Februar jedenfalls prächtig in der Spur.

Anders als die Oscar-Academy mit ihren über 6000 Mitgliedern ist die Hollywood Foreign Press Association zwar nur ein exklusiver Club von knapp 100 verdienten Society-Journalisten, hat sich allerdings über die Jahrzehnte das machtgebietende und insofern besonders wertvolle Oscar-Spürnasenprädikat erworben. Meist gibt der Verein die große Linie für den weltwichtigsten Filmpreis vor, und das gerade bei zuvor eher auf Außenseiterpositionen gehandelten Titeln wie zuletzt „Argo“ oder auch „12 Years a Slave“.

Ausgleichende Gerechigung für DiCaprio

Schon möglich allerdings, dass diesmal vor allem das Bedürfnis nach ausgleichender Gerechtigkeit das Votum bestimmte: Indem man Leonardo DiCaprio, dem von allerlei Naturgewalten gepeinigten Pelztierjäger in „The Revenant“, seinen nunmehr dritten Globe ans Herz drückte, wird die bisherige Indifferenz der Academy gegenüber dem Ausnahmeschauspieler noch schreiender offenkundig. Fünfmal wurde DiCaprio für einen Oscar nominiert, immer ging er leer aus.

Gestrandet auf dem Nachbarplanet. Matt Damon in „Der Marsianer“.
Gestrandet auf dem Nachbarplanet. Matt Damon in „Der Marsianer“.
© dpa

Hinter dieser Ansage sozusagen mit der Bärenpranke sortierte sich am Sonntag die Konkurrenz eher verschüchtert. Auch Ridley Scotts „Der Marsianer“, als beste Komödie und mit Hauptdarsteller Matt Damon erfolgreich, fällt da nur insofern auf, als damit ein weiteres Einsamkeits-Abenteuer des weißen Mannes ganz oben landete, nur diesmal nicht in kanadischen Wäldern, sondern in nachbarplanetarischen Wüsten siedelnd.

"Carol" und "Spotlight" gehen leer aus

Signifikanter dagegen die Total-Flops, als die sich die subtileren Filme mit gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Thematik erwiesen. „Carol“, Todd Haynes’ zarte Inszenierung einer lesbischen Liebe, war fünfmal nominiert; auch „Spotlight“ (Kinostart: 25. Februar), Tom McCarthys Hymne auf den klassischen Investigativjournalismus, und Tom Hoopers Gender-Drama „The Danish Girl“ waren aussichtsreich ins Rennen gegangen.

Eskapismus ist offenbar dringend angesagt, besonders im ohnehin eskapismusträchtigen Medium Kino – und wenig spricht dafür, dass die entsprechenden Filme nicht auch bei den für diesen Donnerstag erwarteten Oscar-Nominierungen eisern durchmarschieren. Wer könnte es da noch mal spannend machen? Vielleicht doch „Carol“: Bei den britischen Bafta-Filmpreisen jedenfalls, die zwei Wochen vor den Oscars am 14. Februar in London vergeben werden, ist die Romanze mit Cate Blanchett und Rooney Mara insgesamt neunmal nominiert.

Zur Startseite