Berliner Trendhund Dackel: Der Dackel ist der neue Mops
Jahrelang waren asthmatische Möpse des Hipsters Lieblingshund. Doch nun stolpert man in den Innenstadtbezirken dauernd über Dackel. Eine Glosse über den Paradigmenwechsel an der Leine
Dieser Frühling bringt ans Licht, was lange schon dumpfe Ahnung ist: Der Dackel ist der neue Mops. Ein Spaziergang Freitagabend, einmal Frühsport Samstagmorgen, prompt sind schon wieder ein roter Kurzhaarteckelwelpe und ein putziger Rauhhaardackel gesichtet, die am Ufer des Landwehrkanals possierlich mit leeren Bierflaschen spielen. Wenn das kein Paradigmenwechsel an der Hundeleine, ja, ein Quantensprung der urbanen Heimtierhaltung ist!
Endlich hat das asthmatische Oualzucht-Opfer Mops als Statussymbol des akademischen Prekariats ausgedient. Die ewigen Verweise auf die angeblich kulturell wertvollen Röchler (Loriot, Ernst Jandl, ja ja) konnte eh keiner mehr hören. Jetzt schlägt dagegen die Stunde der Freunde einer wahrhaft ästhetischen Hundehaltungskultur. Pfiffig, klein, kompakt und nicht rachitisch. Und wer sich schon länger mit dem Gedanken quälte, wie den Freunden beizubringen sein könnte, dass man sich zukünftig aus romantischen Gründen Felicitas von Trautenau-Schneidewitz nennen und einen Teckel namens Feldmann anschaffen möchte, der nach Erwerb des Jagdscheins die selbst erlegten Rebhühner apportiert, begrüßt diese Entwicklung. Endlich keine Erklärungsnot mehr. Selbst der streng republikanische und vegan lebende Hipster von Welt trägt Dackel!
Berühmte Gespanne sind Picasso und Lump, Andy Warhol, Archie und Amos
Das freut den Deutschen Teckelklub 1888, der sich hierzulande um die Zucht der auch Dachshund genannten Rasse kümmert. In den 2000er Jahren stand es nämlich gar nicht gut um Waldi, der es in den Siebzigern in München doch noch zum Olympia-Maskottchen gebracht hatte. Die Geburtenrate sank um 35 Prozent, schon galt der Teckel in Deutschland als vom Aussterben bedrohte Art. Wenn das Kaiser Wilhelm und sein lieber kleiner Erdmann geahnt hätten, dass der gemeine Japaner einstmals treue Dackelblicke mehr schätzen würde als Deutsche. In Japan geriet der treueste Freund des Waidmanns nämlich in statt aus der Mode.
Gottlob, dass sich die Deutschen, zumal in ihrer Trendhauptstadt, wieder anders besonnen haben. Wo es Dackel als intellektuelle Gefährten von Künstlern und Denkern doch locker mit Möpsen aufnehmen können. Gespanne wie Picasso und Lump, Andy Warhol und seine Racker Archie und Amos, Heidi Klum und Victor, Liam Gallagher und Ruby, Simone de Beauvoir samt Yves und Yvette oder P. G. Woodhouse und Bertie zeugen davon.
Wenn der Dackel der neue Mops ist, bleibt nur noch die Frage: Wer wird in drei, vier Jahren der neue Dackel? Na klar – der Schäferhund! Undenkbar? Schon allein wegen Adolf und Blondi? Papperlapapp, da stehen Hundemoden nun wirklich drüber. Wird das schön, wenn in Nord-Neukölln die Vollbart-Typen in den Skinny-Jeans laut „Hasso, hierher!“ oder „Rex, bist ein Guter“ rufend durch die Straßen ziehen.
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