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Sein Blick ist nach vorn gerichtet: Vladimir Jurowski, der Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters.
© Simon Pauly

Nach vorzeitigem Saison-Ende: Das Rundfunk-Sinfonieorchesterstellt seine nächste Spielzeit vor

Chefdirigent Vladimir Jurowski hat am Mittwoch aus dem Homeoffice sein neues Programm verkündet. Es soll seine einzige virtuelle Pressekonferenz bleiben.

Natürlich war da diese dunkle Ahnung im Hinterkopf: Dass es die Orchester und Opernhäuser besonders hat treffen wird, dass sie zu den Letzten gehören, für die der Lockdown aufgehoben werden kann. Aber offiziell ausgesprochen tut die Tatsache dann doch weh. Am Dienstag hat der Berliner Senat die Saison für beendet erklärt. Bis zum 31. Juli müssen die Bühnen und Säle geschlossen bleiben. Kein Musiktheater findet statt, kein Sinfoniekonzert, nicht einmal Kammermusik mit viel Abstand, keine Hoffnung gibt es mehr für die Sommerfestivals. Punktum.

Da wirkt es ziemlich schlafwandlerisch, wenn Vladimir Jurowski, der Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters (RSB), am Mittwoch die Pläne seines Orchesters für die kommende Spielzeit online vorstellt – und zur aktuellen Situation gerade einen Satz verliert. „Das ist meine erste virtuelle Pressekonferenz und hoffentlich auch die letzte.“ Dann steigt er nahtlos ein in die Präsentation seiner künstlerischen Pläne für 2020/21, erläutert wortreich die Konzerte, gespickt mit jeder Menge musikologischen und kulturgeschichtlichen Detailinformationen. Ein Realitätsflüchtling im rhetorischen Gedankenflug.

73 Konzerte spielt das RSB in der kommenden Saison in Berlin

Zwei Komponisten stellt Vladimir Jurowski in den Fokus, Igor Strawinsky und Alfred Schnittke, Kosmopoliten mit russischen Geburtsurkunden, deren lebenslange Suche nach Identität sich in ihren Werken niedergeschlagen hat. „Auf der Suche nach der zweiten Heimat“ hat der Chefdirigent dieses Programm betitelt, er will damit einen Bogen schlagen zu gesellschaftlichen Fragen, den Migrationsströmen unserer Zeit.

Ein eigenes Festival im Frühling 2021 wird bekannte und unbekannte Strawinsky-Stücke bieten, von Schnittke gibt es unter anderem die deutsche Erstaufführung seines Soundtracks zur 1979er-Verfilmung von Puschkins „Kleinen Tragödien“, darunter „Ein Gelage während der Pestzeit“.

73 Konzerte will das RSB in der kommenden Saison in Berlin geben, zwei davon wird die 1. Gastdirigentin Karina Canellakis leiten. Einige spannende Maestri der jüngeren Generation sind als Gäste eingeladen wie Antonello Manacorda, Krzysztof Urbanski, Dima Slobodeniuk sowie der Nachnamensvetter des Chefdirigenten, Vasily Petrenko. Zu Silvester gibt es wieder Beethovens Neunte, kombiniert mit einer Uraufführung, die diesmal Ralf Hoyer schreiben soll.

Fortgesetzt wird die Zusammenarbeit mit dem Zeiss-Großplanetarium bei Konzertübertragungen unter der Sternenkuppel, und bei der Aktion „Ein Orchester explodiert“ schließlich will das RSB in kleinen Formationen die ganze Stadt bespielen und dabei potenzielle neue Besucher aller Altersgruppen treffen.

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