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Karina Canellakis bei ihrem Einführungskonzert in Amsterdam.
© AFP/ANP/Evert Elzinga

Karina Cannelakis spielt mit dem RSB: Erste Chefdirigentin der Niederlande tritt in Berlin auf

Drei Jahre lang soll Karina Cannelakis als Gastdirigentin mit dem Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester arbeiten. Ihr erster Abend überzeugt mit Ernsthaftigkeit.

Karina Canellakis ist eine gefragte Frau. Gerade erst hat sie ihre erste Position als Chefdirigentin beim Niederländischen Radiophilharmonischen Orchester angetreten und reist schon weiter nach Berlin, um sich als Erste Gastdirigentin beim Rundfunk-Sinfonieorchester vorzustellen.

Für zunächst drei Jahre soll die 38-jährige Amerikanerin neben Vladimir Jurowski die zweite konstante Größe am RSB-Pult werden. Um das vorab zu unterstreichen, hat der Chef seinem ständigen Gast auch das traditionelle Silvesterkonzert mit Beethovens Neunter übergeben. Jeder soll wissen, dass die Neue nicht nur das macht, was übrig ist.

Das gilt auch für ihren Einstand in der Philharmonie. Den Saal kennt sie gut, war sie doch zunächst als Geigerin aktiv und im Rahmen ihrer Ausbildung auch Mitglied der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker. Hier war es Simon Rattle, der sie dazu ermutigte, sich verstärkt dem Dirigieren zu widmen. Mit Erfolg, denn wenn überall auf der Welt nun endlich nach Dirigentinnen gefragt wird, fällt immer auch ihr Name.

Ihre Herkunft von der anderen, der Orchesterseite, weiß Karina Canellakis für ein lebendiges, zupackendes Verhältnis zu den Musikerinnen und Musikern zu nutzen. Dass sie Respekt genießt und sich auf die Unterstützung des RSB verlassen kann, spürt man schon in den ersten Takten von Beethovens Siebter. Ohne Furcht vor einem möglichen Strömungsabriss manövriert die Dirigentin mitten hinein in ein gewaltiges Spannungsfeld und traut dabei der Tragfähigkeit jedes einzelnen Tons.

Die Dirigentin setzt Ruhepunkte

Canellakis hetzt nicht, was insbesondere ihre stillen Passagen zu einer Wohltat macht. Hier entsteht ein geschützter Raum, im dem sich Musik entfalten darf. Der auftrumpfenden Geste des Werks geht sie nicht aus dem Weg, drückt kraftvoll die Ellenbogen nach unten, lässt das Orchester aufstampfen. Doch davon, dass sich die Konflikte nicht in laut und leise, kollektiver Kraft und solistischer Poesie erschöpfen, hört man bei aller Begeisterung dann doch recht wenig.

Das entwickelt sich bei Strauss’ „Heldenleben“ zur Hypothek. Canellakis geht das bombastische Selbstporträt mit kapellmeisterlicher Verve an, setzt überzeugende Ruhepunkte – doch an die Ironie des Werkes rührt sie nicht. Wenn diese Dirigentin die Bürde ablegt, alles ernst meinen zu müssen, kann es wirklich aufregend werden.

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