Vasily Petrenko und RSB in der Philharmonie: Eloquent bis in die Fingerspitzen
Im Zeichen Schostakowitschs: Das Rundfunk-Sinfonieorchester brilliert im meisterhaften Dialog mit Dirigent Vasily Petrenko, der seinem Namensvetter in nichts nachsteht.
Am Tag, als die Medien von der Überraschung dominiert werden, dass Kirill Petrenko der Erwählte der Berliner Philharmoniker ist, dirigiert Vasily Petrenko das Rundfunk-Sinfonieorchester. Dieser Petrenko ist mit dem designierten Nachfolger Simon Rattles nicht verwandt, auf der Karriereleiter aber mit seinen 38 Jahren kaum weniger bewusst und agil. Schüler Mariss Jansons, debütiert er bei den wichtigsten Orchestern weltweit und ist Chef des Oslo Philharmonic Orchestra. Als Musik aus seiner Heimatstadt St.Petersburg liegt ihm Schostakowitsch besonders am Herzen. Sein CD–Zyklus umfasst dessen sämtliche Symphonien. Seitdem, so sagt er, werde er von vielen Seiten angefragt, Schostakowitsch zu dirigieren.
Wie gern er das tut, ist in diesem kostbaren RSB-Konzert zu erleben. Zunächst fasziniert der Norweger Truls Mørk mit dem Cellokonzert Nr. 1, in dem der Name Schostakowitschs in Tönen verewigt ist. Die Cadenza klingt märchenhaft schön in die konzentrierte Stille der Philharmonie. Für die Interpretation spricht zudem, dass man einen Virtuosen vor sich hat, der horcht: So gelingen meisterhaft die Dialoge mit dem Orchester.
Präzis und dennoch feurig
Gleich seinem Vorbild Gustav Mahler und nicht zuletzt Beethoven in seiner Neunten sieht Schostakowitsch in der Symphonik einen Vorstoß in ethische Regionen. Dem „Petersburger Blutsonntag“ widmet sich die Elfte. „Unsterbliche Opfer, ihr sanket dahin“ wird im Trauermarsch gesungen (von den wundervollen Bratschen des RSB). Das monumentale Werk aber brilliert unter Petrenko, der ökonomisch präzis und zugleich feurig dirigiert. Ohne Vergleich ist die Ausdruckskunst seiner linken Hand, weil sie Klänge zu beleben weiß, eloquent bis in die einzelnen Fingerspitzen.