Dokumentarfilm aus Kolumbien: Das finstere Gold
Jens Schanze berichtet in seiner Dokumentation „La Buena Vida“ vom Kohleabbau in Kolumbien. Und von mutigen Menschen, die sich gegen ihre gewaltsame Vertreibung wehren.
Kohle ist schmutzig. Die Energiegewinnung aus Braun- und Steinkohle führt zu gigantischer Umweltzerstörung. In Deutschland aber ist die Energiewende beschlossen: Atomausstieg und bis 2018 die Einstellung der Kohleförderung. Doch Kohle ist billig. Billiger als Gas-, Sonne- oder Windenergie. Daher wird Deutschland weiter auf Kohle setzen, der Importbedarf wird steigen. Neben Russland und den USA gehört Kolumbien zu den wichtigsten Steinkohlelieferanten. Doch wir wissen längst: Diese Kohle ist blutig. Menschenrechtsverletzungen, ermordete Gewerkschafter und Massenumsiedlungen in einem Land, das noch immer von Bürgerkrieg und Drogenhandel geprägt ist, werden seit Jahren angeprangert.
Die Bewohner müssen der Kohle weichen – der schwarzen und der goldenen
Der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilmemacher Jens Schanze hat den Folgen des Kohletagebaus in Kolumbien den Film „La Buena Vida – Das gute Leben“ gewidmet. Schanze, der bereits 2002 in seinem Dokumentarfilm „Otzenrather Sprung“ eine Umsiedlungsaktion im Rheinischen Braunkohlerevier thematisierte, begleitet die indigene Wayúu-Gemeinschaft Tamaquito. Ihr Dorf in den Wäldern im Nordosten Kolumbiens an der Grenze zu Venezuela muss dem Tagebau weichen. Die Mine „El Cerrejón“, in australisch-britisch-schweizerischer Hand, ein fast 70 000 Hektar großes Loch, ist der größte Kohletagebau der Welt. Luftaufnahmen zeigen die Ausmaße der braun-schwarzen Sedimentschichten inmitten saftig grünen Regenwaldes.
Der junge Anführer der rund 180 Bewohner Tamaquitos, Jairo Fuentes, will eine gewaltsame Vertreibung verhindern. Durch den selbstbewussten Dialog will er den Fortbestand seiner Gemeinschaft sichern. Die Menschen leben vom Fischen, von Jagd und Landwirtschaft. Doch der Dorfneubau liegt in nahezu unfruchtbarem Land, die Wasserversorgung ist das größte Problem. Jairo pocht darauf: „Wir brauchen nur zwei Dinge: Land und Wasser.“
Es braucht keine Kommentierung, die Bilder sprechen für sich
Der Film begleitet die Verhandlungen mit den Konzernvertretern. Er zeigt, wie die Menschen hingehalten und belogen werden. Zwar sichert der Konzern die Wasserversorgung vertraglich zu, doch die mickrige Brunnenanlage inmitten staubtrockener Böden lässt Verheerendes ahnen. Seit der Umsiedlung im August 2013 bis heute, so berichtet der Regisseur nach seinem letzten Besuch im März dieses Jahres, hat Tamaquito keine Ernte eingefahren. „Wir kämpfen gegen ein Monster. Ein Monster, das uns jederzeit auslöschen kann.“ Fuentes und seine Leute machen sich über ihre Machtlosigkeit keine Illusionen. Dennoch appellieren sie an ein Humanum, das in der Profitorientierung des Konzerns nicht vorkommt. Gerade das verlangt dem Zuschauer größten Respekt ab.
Es braucht keine wertenden Kommentare aus dem Off, keine suggestiven Interviews, die Kamera allein beobachtet, der Schnitt erledigt den Rest. Kontrastiert werden Aufnahmen unberührter Natur mit solchen der Zerstörung. Die Versprechen der Konzernvertreter erscheinen zynisch, da sie der ernüchternden Wirklichkeit gegenübergestellt werden. Bisher ist es in Deutschland und anderen Ländern bei halbherzigen Absichtserklärungen geblieben, Verantwortung für die Herkunftswege importierter Rohstoffe zu übernehmen – seien sie aus Kolumbien oder anderen Regionen. Um den Druck auf Politik und Wirtschaft zu erhöhen, braucht es Öffentlichkeit. Filme wie dieser – das zeigt auch die enorme Nachfrage bei der Berliner Preview – können sie schaffen.
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