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Hans Neuenfels im Gespräch
© dpa/ Herbert Neubauer

Spielzeit: Ariadne auf Naxos: Das Dilemma des Künstlers

Im ewigen Zwiespalt zwischen Kunst und Gesellschaft: Hans Neuenfels inszeniert „Ariadne auf Naxos“ – mit Elisabeth Trissenaar als Haushofmeister.

Die Schauspielerin Elisabeth Trissenaar will gar nicht so genau wissen, was sich ihr Mann, der Regisseur Hans Neuenfels, für sie ausgedacht hat. Jedenfalls nicht vor Probenbeginn, denn das wäre unfair gegenüber den Kollegen, erläutert sie auf der Probebühne des Schillertheaters: „Wenn dann Blicke zwischen uns beiden getauscht würden, ein konspiratives Einverständnis, das wäre nicht gut.“ Und Hans Neuenfels ergänzt: „Ich rufe lieber mitten in der Nacht noch einen meiner Assistenten an, um irgendwelche Fragen zu diskutieren. Damit will ich sie gar nicht behelligen.“

Eine künstlerische Symbiose sieht definitiv anders aus als die Zusammenarbeit des Künstlerpaares Neuenfels/Trissenaar. Beide bestehen darauf, sich ihre Freiräume zu erhalten und um ihre jeweiligen Ideen auch miteinander zu kämpfen. Wer sie privat im Tiergarten spazieren sieht oder entspannt und neugierig während einer Probenpause die Fragen eines Journalisten erwartend, dem erscheinen die beiden als Inbegriff ehelicher Liebe und Vertrautheit. Aber auch dieses Bild führt in die Irre. Man müsse seine Kämpfe ja nicht in die Öffentlichkeit tragen, versichern beide und verschweigen nicht, dass es diese Kämpfe gab und gibt. Auf dem Bänkchen sitzen und den Tod erwarten wie das antike Ehepaar Philemon und Baucis, das käme für beide ohnehin nicht infrage. „Das Abenteuer Theater ist so einzigartig, dass ich darauf nicht verzichten möchte. Mein Beruf ist ein so wichtiger Teil meines Lebens, dass ich es einfach vermissen würde, wenn ich nicht mehr inszenieren könnte“, erwidert Hans Neuenfels auf den Hinweis, er habe sich doch schon vor Jahren zur Ruhe setzen wollen. Nun also „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss an der Staatsoper, eine hochartifizielle Oper über das Musiktheater.

Neuenfels, der Skandalregisseur

Das Vorspiel ist ein Konversationsstück ohne große Arien, während der zweite Teil als vergleichsweise konventionelle Oper erscheint, in der das Musiktheater als Gattung deutlich vorgeführt wird. Ein reicher Mäzen nötigt die Künstler auf der Bühne zu Dingen, die sie eigentlich mit ihrem künstlerischen Gewissen nicht vereinbaren können. In diesem Dilemma steckte auch Hans Neuenfels immer wieder: „Der Librettist Hugo von Hofmannsthal hat die Situation brillant erfasst. Die Reibung von Gesellschaft und Künstler bleibt aktuell. Schon bei Goethes ,Tasso‘ begegnet uns das, und auch heute kennt jeder Künstler das Problem. Ohne diese Reibung geht es auch gar nicht. Der Widerspruch wird immer so bleiben und erhält die Kunst lebendig.“

Bei aller Reibung hat Hans Neuenfels sich über die Jahre ein erstaunliches Skandalpotenzial erhalten. Seine Arbeiten haben immer wieder polarisiert und mitunter zu heftigen Saalschlachten geführt. Kurze Zeit später mutieren seine Inszenierungen bereits zu Klassikern, wie zuletzt die putzigen Ratten in seinem Bayreuther „Lohengrin“-Versuchslabor. Doch war Neuenfels nie ein bewusst kalkulierender Krawallmacher, sondern im besten Sinn Überzeugungstäter. „Es ist eine große Freude, wenn meine Bilder über die Jahre mit dem Publikum in einen Austausch treten und schließlich Freunde finden. Im Idealfall locken meine Inszenierungen das Publikum auf ungewohnte Pfade und erreichen einen unerwarteten Zustand des Glücks.“

Die Figuren sollen überzeugen

Für die direkte Kommunikation mit dem Publikum sind allerdings die Darsteller auf der Bühne zuständig, und das heißt bei Neuenfels auch immer wieder, Buhs aushalten zu müssen. Neben großen Erfolgen hat seine Gattin Elisabeth Trissenaar auch die Skandale auf der Bühne erlebt, hat schlechte Kritiken über sich gelesen und sich auch drüber geärgert, „aber nicht zu lange, da man ja wieder zurück auf die Bühne muss. Man kann den Ärger gar nicht durchhalten, denn sonst ist man ungeeignet für den Beruf. Ich habe das Bedürfnis, die Zuschauer von meinen Figuren zu überzeugen, von dem, was sie denken und fühlen. Das treibt mich an.

Premiere 14.6., 19.30 Uhr
Weitere Vorstellungen: 17., 20., 22., 25. und 27.6.

Uwe Friedrich

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