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Richard Linklater bei den Golden Globes.
© dpa

Verleihung der Golden Globes in Los Angeles: „Boyhood“ ist der große Gewinner des Abends

Wer den Oscar will, muss erst den Golden Globe gewinnen. Wenn das stimmt, hat „Boyhood“ den Sockel zu den Oscars erklommen, der große Favorit hingegen enttäuschte. Und ein Überraschungssieger kam, zumindest zum Teil, aus Deutschland.

Der große Gewinner der Golden Globes könnte kaum weniger „Hollywood“ sein. „Boyhood“, über zwölf Jahre für nur vier Millionen Dollar (3,4 Millionen Euro) gedreht, hat in den USA in mehr als einem halben Jahr gerade einmal 24,3 Millionen Dollar eingespielt - das im November gestartete „Tribute von Panem“-Spektakel schaffte am ersten Tag mehr als das Doppelte. Und doch ist „Boyhood“ ein Sieger und der Beweis, dass unkonventionelle Arbeiten von Filmemachern Lob und Anerkennung finden, wenn auch nicht unbedingt ein großes Publikum.

Die Golden Globes gelten als zweitwichtigster Filmpreis der Welt und vor allem gelten sie als Oscar-Barometer. Was und wer hier in Beverly Hills in den letzten Jahren gewann, bekam einige Wochen später nur ein paar Kilometer entfernt oft auch den Oscar. Regisseur Richard Linklater hat mit seinem Drama über eine Kindheit, das er mit denselben Schauspielern über zwölf Jahre drehte, also auch gute Chance auf den wichtigsten Filmpreis der Welt. Drei Globes gingen schon einmal an den Film: Für Linklater, Nebendarstellerin Patricia Arquette und eben in der Königskategorie für den Film selbst.

Ein Überraschungssieger war „The Grand Budapest Hotel“. Der könnte mit Schauspielern wie Ralph Fiennes, Willem Dafoe, Jude Law, Bill Murray und Edward Norton ein amerikanischer Film sein, ist aber tatsächlich eine britisch-deutsche Koproduktion. Die Groteske über ein Hotel im Europa der Zwischenkriegszeit stammt von Regisseur Wes Anderson („Moonrise Kingdom“), der für seine detailverliebte Bildsprache bekannt ist.

Der große Favorit "Birdman" enttäuschte

Der große Favorit enttäuschte hingegen. Siebenmal war „Birdman“ nominiert, doch die Satire auf das Film- und Stargeschäft bekam nur den Globe für Drehbuch und Hauptdarsteller - ein Dämpfer im Rennen um den Oscar. Michael Keaton - einst Batman, jetzt Birdman - wurde allerdings gefeiert, als habe er ihn schon. Denn Keaton gewann den Preis als bester Darsteller in einer Komödie; den für das Drama bekam der Brite Eddie Redmayne, der in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ genial den genialen Physiker Stephen Hawking spielte. Bei den Frauen gewannen Julianne Moore („Still Alice - Mein Leben ohne Gestern“) und Amy Adams („Big Eyes“).

Ist das die Zeit für neues Kino? Für kleine, unabhängige, andere Filme? Und andere Filmemacher? Nicht ganz, denn die Kassenschlager in Amerika wie Europa haben immer noch mit Superhelden und Fantasy, mit Spektakel und viel Lärm zu tun. „Boyhood“ und das Alzheimerdrama „Still Alice“ mögen Filme sein, über die man spricht. „Die Tribute von Panem“ und „Der Hobbit“ sind Filme, die man sieht. Aber immerhin: Es gibt in der großen Maschine Hollywood einen Markt für leisere, andere Filme und sie werden durchaus wahrgenommen. Und jeder von ihnen war, wenn auch vor allem wegen geringer Kosten, ein finanzieller Gewinn.

George Clooney wurde für sein Lebenswerk geehrt

Doch Golden Globes sind auch Fernsehen und zu den größten Gewinnern der Fernsehpreise gehörten Serien, die nie im regulären Fernsehen zu sehen waren. „House of Cards“ ist die vielgelobte Serie der Filmplattform Netflix, und Hauptdarsteller Kevin Spacey wurde bester Darsteller einer Dramaserie. „Transparent“ gewann gleich zweimal, einmal als beste Komödienserie und Jeffrey Tambor als bester Schauspieler. Die Serie dreht sich um einen transsexuellen Familienvater und ist eine Produktion von Amazon und nur in dessen Streamingangebot zu sehen.

Ein Gewinner stand schon vorher fest: George Clooney bekam, mit 53, einen Golden Globe für sein Lebenswerk. „Ich könnte nicht stolzer sein, als dein Ehemann zu sein“, rief er seiner Frau im Publikum zu und endete mit Gedanken zu den Demonstrationen nach den islamistischen Morden in Paris. „Da waren Christen, Juden und Muslime. Sie haben nicht protestiert. Sie marschierten einfach für die Idee, nicht in Angst leben zu müssen. Je suis Charlie. (dpa)

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