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Abgesagt. Lars Eidinger als "Richard III." in Thomas Ostermeiers Shakespeare-Inszenierung von 2015.
© AFP/Boris Horvat

Verhaftungen in der Türkei: Berliner Schaubühne sagt Gastspiel in Istanbul ab

Die Berliner Schaubühne sorgt sich nach den Verhaftungen von Ausländern in der Türkei um ihre Mitarbeiter. Deshalb tritt sie nicht mit "Richard III." in Istanbul auf.

Eigentlich sollte im Rahmen des 21. Istanbuler Theaterfestivals auch die Berliner Schaubühne am Bosporus auftreten. Für den 17. und 18. November war ein Gastspiel von „Richard III.“ in der Regie von Thomas Ostermeier vorgesehen. Lars Eidiniger spielt darin die Titelrolle. Nun teilte die Istanbul Foundation for Culture and Arts bedauernd mit, die Schaubühne habe in letzter Sekunde entschieden, die Auftritte abzusagen. Tickets könnten eingetauscht oder zurückerstattet werden. Die Stiftung richtet das Festival als staatsunabhängige Institution aus, die Berliner Auftritte waren ausverkauft.

Auf Nachfrage erklärte die Schaubühne, die Absage sei aus Sorge um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt. „Die Verhaftungen vieler Journalisten, Wissenschaftler und Menschenrechtler in den letzten Wochen und Monaten, unter denen auch ausländische waren, vor allem aber die nicht erkennbaren Gründe hierfür, führten zu einer großen Verunsicherung im Team.“

Die persönliche Sicherheit der Beteiligten könne man momentan nicht garantieren. Das habe das Theater letztlich bewogen, nicht in die Türkei zu reisen. Thomas Ostermeier, künstlerischer Leiter der Schaubühne habe die Beweggründe der Festivalleitung nochmals in einem persönlichen Brief dargelegt.

Das Berliner Theater betont sein großes Bedauern. Das türkische Publikum sei Ostermeier und der Schaubühne seit vielen Jahren sehr verbunden, auf dem Festival trat es in früheren Jahren u.a. mit "Nora" und "Hamlet" auf.. „Es tut uns aufrichtig leid, dass wir unsere Fans enttäuschen und nicht für sie spielen,“ heißt es in der Erklärung. Zumal die Zuschauer „unter einer Situation leiden, die sie nicht verursacht haben. Wir hoffen auf entspanntere Zeiten.“

Griechenland, Portugal, Italien: Fünf Gastspiele sollen stattfinden

Das Festival zeigt insgesamt 55 Theater- und Tanzprogramme an 18 verschiedenen Spielstätten. 13 Ensembles stammen aus der Türkei, statt sechs reisen nun fünf Theater und Gruppen aus dem Ausland an - von weiteren Absagen ist bislang noch nichts bekannt.

Das Attis Theatre und Theodoros Terzopoulos aus Athen gastieren mit dem Stück „Encore“ ; der französische Choreograf Angelin Preljocaj, der dieses Jahr auch den Ehrenpreis des Festivals erhält, kommt mit „La Fresque“, weitere Gastspiele stammen von dem portugiesischen Regisseur Pedro Penim und dem kanadisch-libanesischen Autor und Regisseur Wajdi Mouawad. Aus Italien ist das Ensemble TPO mit „Farfalle“ eingeladen; darin werden die Zuschauer aufgefordert, die Welt mit den Augen der Schmetterlinge zu sehen.

Seit dem Putschversuch gegen Präsident Erdogan haben die Repressionen gegen Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Künstler und Intellektuelle in der Türkei erheblich zugenommen. Von der Frage der Zensur und der Kunstfreiheit war auch die Istanbul Biennale im September betroffen.

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