Streetart-Künstler: Banksy eröffnet ein Hotel in Bethlehem
Der Streetart-Star hat die Spraydose eingetauscht und in Bethlehem selbst Wände hochgezogen. Vom Fenster aus genießt man den "schlechtesten Ausblick der Welt" - auf die israelische Grenzmauer.
Es taucht auf aus dem Nichts, wie ein Realität gewordener Traum von Regisseur Wes Anderson: Ein Grandhotel, das für sich selbst mit dem „schlechtesten Ausblick der Welt“ wirbt. Nicht in Budapest, sondern im palästinensischen Bethlehem. Wer aus dem Fenster schaut, sieht nichts als die hohe, graue Grenzmauer zwischen Palästinensergebiet und dem israelisch besetzten Westjordanland.
Ausgebucht dürfte das Hotel trotzdem sein, wenn es an diesem Samstag eröffnet – dank seines weltbekannten Architekten. Denn das Hotel ist das neueste Projekt von Banksy, dem bekanntesten Streetart-Künstler der Welt. Wo Banksy früher nur mit Farbe eingriff und bereits existierende Wände für seine Kunst nutzte, hat er sich nun eine eigene Projektionsfläche geschaffen. Inmitten des Nahostkonflikts und seiner grauen, trostlosen Umgebung erscheint der schnörkelig umrahmte Leuchtschriftzug des „The Walled Off Hotel“ und der ausgestopfte Affe mit rotem Hütchen, der einen als Portier am Eingang empfängt, vor allem unwirklich und kulissenhaft.
Den Kontrast zwischen Innen und Außen treibt Banksy bei der Inneneinrichtung auf die Spitze der Absurdität. Drinnen wartet eine verschnörkelt heile „Waldorf Astoria“-Welt, die an Puppenhaustischen zur britischen „tea time“ einlädt. Eine ordentliche Portion Kitsch, inklusive Plastik-Whirlpool in Steinoptik und samtroten Pascha-Gemächern. Dahinter beginnt der Krieg. Die Wänden der Zimmer, die ab 30 Dollar zu haben sind, wurden von Banksy mit neuen Kunstwerken besprüht. Im „Banksy’s Room“ zeigt das Graffito am Kopfende des Bettes einen israelischen Soldaten und einen vermummten Palästinenser, die sich eine Kissenschlacht liefern. Statt Kugeln fliegen Federn durch die Luft.
Banksy, der bis heute seine Identität geheim hält, greift mit dem „The Walled Off Hotel“ nicht zum ersten Mal den Nahostkonflikt auf: 2015 rief er die Ausstellung „Dismaland“ ins Leben, in der palästinensische und israelische Künstler ihre Werke nebeneinander ausstellten. Banksy selbst werden einige Graffiti in Gaza zugeschrieben und auch in Bethlehem hat er in Nacht- und Nebelaktionen Bilder an die Grenzmauer gemalt: Eines zeigt ein kleines Mädchen, das von Luftballons über die Mauer gehoben wird.
Von den höher gelegenen Fenstern des Hotels aus kann man über die Mauer ins dahinter liegende Westjordanland blicken. „Der schlechteste Ausblick der Welt“ wirkt noch trister durch die zuckersüße, surreale Kulisse, aus der man hinaus blickt. Zum Glück kann man statt aus dem Fenster auch auf die eigenen vier Wände starren. Für Palästinenser und Israelis nach wie vor Alltag.
Nina Raddy
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