Neues Album von Robyn: Baby, vergib mir
Robyn ist nach acht Jahren zurück mit dem Elektropop-Album „Honey“, auf dem sie sich in Richtung Clubmusik orientiert.
Genuss wächst, wenn er hinausgezögert wird. Die Verheißung, die Vorspeise, das Vorspiel lassen die Lust erst richtig zur Entfaltung kommen. Da kann man das Liebesspiel schon mal mit einer kühlen Absage beginnen, nur um dann gleich wieder zu locken und zu reizen: „No, you’re not gonna get what you need/ But baby, I have what you want/ Come get your honey“ – eine perfekte Spannungskurve in drei Zeilen.
Sie eröffnen den Titelsong von Robyns gerade erschienenem sechsten Album „Honey“ und sie stehen überdies für die schier endlose Wartezeit, die der Veröffentlichung vorausging. Acht Jahre sind vergangen, seit die Musikerin, die 1979 als Robin Miriam Carlsson in Stockholm zur Welt kam, ihr letztes Soloalbum herausgebracht hat. In der Popmusik eine Ewigkeit. Zwar war eine frühe Version von „Honey“ letztes Jahr in einer Episode von Lena Dunhams Serie „Girls“ zu hören, doch es kam nichts nach. Viele Fans brachten ihren Ärger auf Twitter unter dem Hashtag #ReleaseHoneyDamnit zum Ausdruck. Die Verzögerung war nicht mehr sexy, sondern frustrierend.
Jetzt gibt Robyn den Fans zwar neun neue Lieder, doch sie treibt das Spiel unter dem Motto „Ihr bekommt nicht, was ihr braucht, aber ich habe, was ihr wollt“ noch ein Stückchen weiter. Denn obwohl sich auf dem Album vieles wiederfindet, wofür sie geliebt wird – vor allem die bittersüßen Melodien wie bei der Single „Missing U“ –, verweigert sie sich doch ihrem Spezialgebiet, dem großen, massentauglichen Popsong.
Davon sind ihr seit ihren Karriereanfängen in den Neunzigern, als sie kaum volljährig mit „Show Me Love“ und „Do You Know (What It Takes)“ zwei internationale Hits hatte, eine beeindruckende Menge gelungen. Vor allem seit sie sich von ihrem Majorlabel gelöst, eine eigene Plattenfirma gegründet und ab 2005 ihre eigene Dancepop-Vision verwirklichte, hat Robyn immer wieder fantastische Songs wie „Be Mine“, „With Every Heartbeat“ oder „Dancing On My Own“ produziert. Hochmelancholisch, aber auch partytauglich, Songs, die Madonna neidisch machen können, Sound für die nuller Jahre.
Jetzt orientiert sie sich in Richtung Clubmusik
Er wurde auf der ganzen Welt verstanden und brachte Robyn Edelfans wie Neneh Cherry oder Sam Smith ein. Lorde bloggte über Robyn, coverte ihre Songs und ließ sich bei ihrem eigenen sehnsuchtsvollen Elektropop von ihr inspirieren – was sich auch von vielen weiteren Kolleginnen des Genres sagen lässt. Sie alle müssen sich nun daran gewöhnen, dass es der Schwedin auf dem neuen Album nicht mehr so sehr um eingängige Songs geht, sondern sie sich in Richtung Clubmusik orientiert. Rhythmus ist wichtiger als Refrains, Tanzbarkeit geht vor Radiofreundlichkeit. Davon zeugen in der Mitte der Platte etwa das sanft pulsende Deep-House-Stück „Baby Forgive Me“, das direkt übergeht in das chillige „Send To Robyn Immediately“, für das sie mit Kindness und Sampha kollaborierte und den Clubhit „French Kiss“ sampelte.
Einen Gruß an den Neunziger-Jahre-House schickt Robyn mit der Four-To-The-Floor-Nummer „Between The Lines“, wohingegen „Because It’s In The Music“ mit seinem galoppierenden Bass und euphorischen Streichern von der Disco-Ära inspiriert ist. Diese Akzentverschiebung in Robyns Musik kommt nicht von ungefähr. Nach dem Tod ihres guten Freundes und Co-Musikers Christian Falk und der Trennung von ihrem langjährigen Partner (mit dem sie sich zwei Jahre später versöhnte) kam sie zwischen 2014 und 2015 kaum aus dem Bett, geschweige denn aus dem Haus.
Als es wieder aufwärts ging – Psychoanalyse half –, war Robyn viel im Nachtleben unterwegs, besuchte Clubs in London, Ibiza, Paris und Los Angeles. Dabei hörte sie unter anderem DJ Kozes minimalistischen Achtminüter „XTC“, der sie nachhaltig begeisterte. Als sie wieder mit Musikmachen begann, brachte sie sich das Produzieren bei, um ihre Sound-Vorstellungen besser umsetzen zu können. Songs mit Anfang, Mittelteil und Schluss interessierten sie dabei nicht mehr, wie sie kürzlich dem „Guardian“ erzählte. Stattdessen faszinierten sie tranceartige Tracks mit offenem Ende.
Das hört man ihren neuen Stücken deutlich an und nach einer gewissen Gewöhnungsphase geht das Konzept auch auf. Wie ein DJ-Set gebaut, drängt „Honey“ im Verlauf der rund 40 Minuten immer deutlicher Richtung Tanzfläche – und wartet zum Finale dann doch noch mit einem kleinen Hit auf. „Ever Again“ heißt die fein groovende Glückspille. Robyn verspricht im Text, dass sie jetzt ein für alle Mal fertig ist mit den gebrochenen Herzen und nur noch über die Liebe singen wird. Schwer zu glauben, aber wenn das so klingt wie dieses Lied, könnte es spannend werden.
„Honey“ ist bei Konichiwa Records/Embassy One erschienen.
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