„Varda par Agnès“ auf der Berlinale: Auf dem Pflaster liegt der Strand
Seid heiter! Agnès Vardas Dokumentarfilm „Varda par Agnès“ ist eine Liebeserklärung an das Leben. Im Wettbewerb startet der Film außer Konkurrenz.
Am siebten Festivalmorgen unter dauertrübem Winterhimmel kann einem nichts Besseres passieren, als mit „Varda par Agnès“ in den Tag zu starten. Agnès Varda, die kleine, rundliche, gesprächige Frau, wie die Regisseurin sich in ihrem Dokumentarfilm charakterisiert, verbreitet mit 90 Jahren derart viel Heiterkeit, dass das eigene Gemüt sich sofort aufhellt. Zwar ist es nach „Die Strände von Agnès“ (2008) und „Augenblicke. Gesichter einer Reise“ (2017, zusammen mit dem Künstler JR) nicht ihr erster Film in eigener Sache. Aber man sieht sie gerne wieder, die Ausschnitte aus „Cléo de 5 à 7“ oder „Die eine singt, die andere nicht“, ihre Arbeiten mit Jane Birkin oder ihren Film über Sammler, mit den XXL-Kartoffelherzen vom Acker, die sie später auch ins Zentrum einer Installation für die Kunstbiennale Venedig stellte. Sie selber spazierte im Kartoffelkostüm in den Giardini herum.
Auch Sandrine Bonnaire, die Landstreicherin aus „Vogelfrei“, ist wieder da, sie sitzt mit Varda an einem der Drehorte von damals auf dem Kamera-Dolly und denkt lachend an die resolute Regie zurück. Derweil lüftet Varda das Geheimnis der langsamen Kamerafahrten in „Vogelfrei“. Eigentlich ist „Varda par Agnès“ eine Art Schulstunde. Varda sitzt auf Podien und Bühnen und gibt fröhlich Auskunft über Leben und Werk, auch Weggefährten kommen zu Wort, etwa ihre Kamerafrau Nurith Aviv. Filmemachen ist dreierlei, sagt Varda, „Inspiration, Erfindung, Teilen“. Keiner macht Filme alleine, deshalb läuft der Abspann mit den zahlreichen Namen aller Beteiligten gleich zu Beginn.
Die Rue Daguerre wird zum Strand
Eine Hommage an das Leben, an das dem Wissen um die finstere Weltlage abgetrotzte Glück. Eine Liebeserklärung auch an knallige Farben, an Vardas Pariser Straße, die Rue Daguerre mit den kleinen Läden, an ihren Mann, den 1990 gestorbenen Filmemacher Jacques Demy, an die Frauen, die Menschen. Im „Strände“-Film bedauert sie es, dass sie zwar in Belgien an der Küste aufwuchs, die Kriegszeit am Mittelmeer verbrachte und mit Demy in L. A. am Pazifik lebte, aber Paris nicht am Meer liegt. Also verwandelt sie die Rue Daguerre in einen Strand. Ihre Mitarbeiterinnen stecken die Füße in den Sand, während sie selbst am Papptelefon um einen zinslosen Kredit bittet. Man möchte auf der Stelle in Vardas Team anheuern.
14.2., 9.30 Uhr und 18 Uhr (FSP), 22.30 Uhr (International), 15.2., 21 Uhr (City Kino Wedding)