Im Kino: „Kong: Skull Island“: Apokalypse King
Nach zwölf Jahren ist King Kong zurück auf der Leinwand. Das Reboot verbindet Abenteuer-Kintopp mit Vietnam-Trauma - und wirkt seltsam aus der Zeit gefallen.
„Ich bin keine Kriegsfotografin“, weist die von Brie Larson gespielte Journalistin einen Soldaten zurecht. „Ich bin Antikriegsfotografin.“ Nicht nur die Militärs in „Kong: Skull Island“ haben Probleme mit diesem entscheidenden Unterschied, auch Regisseur Jordan Vogt-Roberts verliert in seinem Monstermovie, dem dritten Remake des kolonialen Topos vom Menschenaffen und der weißen Frau, gelegentlich den Überblick.
Es ist das Jahr 1973, Amerika steht in Vietnam mit dem Rücken zur Wand, zu Hause weht Präsident Nixon ein scharfer Wind entgegen. Keine gute Zeit für freies Unternehmertum. „Es wird nie wieder eine so katastrophale Zeit in Washington geben“, meint Bill Randa (John Goodman) mit Blick auf die Proteste in den Straßen. Der Geschäftsmann plant eine Expedition zu einer kürzlich entdeckten Insel im Südpazifik. Ein befreundeter Senator verschafft ihm am Kongress vorbei die nötigen finanziellen Mittel und gibt ihm noch eine Helikopterstaffel als Geleitschutz.
Das ist die Prämisse von „Kong: Skull Island“, der einen Drahtseilakt zwischen Abenteuer-Kintopp und Zeitbild versucht, aber nie den richtigen Ton trifft. Peter Jackson hatte sich mit der letzten King-Kong-Verfilmung noch auf Ersteres konzentriert und fuhr damit gut. Prinzipiell kann man es natürlich auch anders machen: King Kong, gespielt von Toby Kebbell, der auch noch die Rolle eines Soldaten übernimmt, in die Zeit des Vietnamkriegs verlegen, mit etwas „Apocalypse Now“-Spektakel aufmöbeln und aus der Geschichte heraus die Gegenwart kommentieren. Das Problem besteht darin, dass man schon Coppolas psychedelischem Dschungeltrip, den „Kong: Skull Island“ in manchen Szenen werkgetreu zitiert, eine Faszination für Napalmteppiche und Helikopterformationen zu Wagnerklängen nicht absprechen konnte.
Das gilt umso mehr für Vogt-Roberts, der annimmt, dass ein ironischer Rückgriff auf die Geschichte als kritische Distanzierungsgeste schon genügt. Aber die Ironie überführt seine nostalgiebehaftete Ästhetik lediglich ins Ikonische: Luftbombardements für „seismografische Messungen“, die Wackelfigur von Nixon im Cockpit, Soldatenmanöver unterlegt mit Classic Rock. Schwer zu sagen, ob zynisches Kalkül oder mangelndes handwerkliches Geschick der Grund sind, weil Vogt-Roberts zu keinem der Genres, an denen er sich reichlich konfus abarbeitet, eine Haltung findet – die Kritik am US-Imperialismus fällt zu martialisch aus (Samuel L. Jackson chargiert als rachsüchtiger Colonel), die Abenteuerhandlung ist latent rassistisch und die Liebesgeschichte zwischen der Antikriegsjournalistin und dem kernigen Expeditionsführer, gespielt von Tom Hiddleston, schrammt gerade so am Kitsch vorbei. Einzig technisch ist „Kong: Skull Island“ auf der Höhe der Zeit.
Unterhaltungskino auf kleinstem gemeinsamen Nenner
Womit auch die Motivation für dieses Reboot, zwölf Jahre nach Jacksons Film, klar ist. Die Entwicklung im Bereich der computergenerierten Bilder schreitet weiter voran, was vor einigen Jahren technisch state of the art war, wirkt heute obsolet. „Kong: Skull Island“ folgt dieser Überbietungslogik: mehr Bilddetails, geschmeidigeres Motion-Capturing, größere Monster und – mehr Feuerkraft. Und da Hollywood ohnehin nur noch in Franchises denkt, stehen die Sequels bereits fest: Auf King Kong folgt ein weiterer Godzilla, den Abschluss macht ein Duell der Giganten.
Es ist müßig, hier einen Kulturverfall zu beklagen. Auch das Marvel-Prinzip, interessante Indie-Regisseure fürs Blockbusterkino zu gewinnen, hat sich erschöpft. Jordan Vogt-Roberts verleiht dem Film keine eigene Handschrift. „Kong: Skull Island“ ist Unterhaltungskino auf kleinstem gemeinsamen Nenner.
In 22 Berliner Kinos, OV: Cinestar IMAX, Neukölln Arcaden, Colosseum
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