Kultur: Trauma Vietnamkrieg: Historie und Horror
Der Hellseher Daniele von Arb ist ein freundlicher Mittvierziger in bestickter Weste. Er lacht viel; die Zukunft scheint ihm keine Sorgen zu machen.
Der Hellseher Daniele von Arb ist ein freundlicher Mittvierziger in bestickter Weste. Er lacht viel; die Zukunft scheint ihm keine Sorgen zu machen. Die Vergangenheit schon eher, denn von Arb war in den Siebzigern in einer RZ organisiert, einer revolutionären Zelle, und das hieß: bewaffneter Kampf im Namen der Weltrevolution. Marcel Zwingli, ein Jugendfreund von Arbs, und Sabine Gisiger verfolgen in ihrer Dokumentation "Do It" dessen Weg vom idealistischen Teenager zum politischen Extremisten. Sie lassen nicht nur von Arb ausführlich zu Wort kommen, sondern auch ehemalige Weggefährten und Kampfgenossen.
Die Zürcher überfielen ein Munitionsdepot und boten die erbeuteten Waffen zuerst der IRA, dann anderen Untergrundgruppierungen an. Mulmig wurde ihnen, als sie den spanischen Botschafter als Vertreter der Franco-Diktatur in Zürich entführen und notfalls auch liquidieren sollten ... Einer der Mitstreiter von Arbs ist heute Bildhauer, ein anderer Pfleger in der Psychiatrie. Mit teils heiterer, teils ernster Gelassenheit sprechen sie über ihre Jugendsünden, für die sie immerhin jahrelange Zuchthausstrafen absaßen. "Do It" dokumentiert ihre Lebenswege, distanziert, aber nicht diffamierend.
Dass es genau dieselben furchtbaren Fotos aus dem Vietnam-Krieg waren, die die Schweizer zum bewaffneten Kampf, die etwas älteren amerikanischen Filmemacher jedoch zum Horrorfilm trieb, zeigt Adam Simons exzellenter Dokumentarfilm "The American Nightmare". Kunstvoll montiert der Regisseur Ausschnitte aus den Fernsehnachrichten der Sechziger und Siebziger mit Passagen aus Horrorfilmen von George A. Romero, Wes Craven, Tobe Hooper und anderen. Er beweist damit, wie nah Realität und Fiktion nebeneinander lagen, wie direkt Filme wie "The Night of the Living Dead", "The Texas Chainsaw Massacre" oder auch "Halloween" auf den politischen Kontext reagierten.
Die Regisseure selbst kommen ebenfalls zu Wort, etwa Wes Craven: "Die Bilder aus My Lai waren der Grund dafür, dass wir merkten: Wir sind nicht immer die Guten". Und erklärt, dass seine ganze Generation nur aus Kriegsveteranen bestehe, ob man nun in Vietnam gewesen sei oder nicht. Der Maskenbildner Tom Savini war dort und erfand danach seine furchtbarsten Splatter-Effekte: Die zerstückelten Leichen auf den Schlachtfeldern hatten ihn inspiriert. "Die Angst, die man als Filmzuschauer bekommt, reicht nicht im entferntesten an die heran, die ich in Vietnam hatte", sagt er. Adam Simon beweist mit seinem Film einmal mehr, dass noch die kleinsten B-pictures unter Umständen mehr Realität enthalten als Blockbuster oder Autorenfilme. Und so macht "The American Nightmare" große Lust auf eine Horrorfilmnacht unter ganz neuer Perspektive.
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