Long Covid und Chronisches Fatigue Syndrom: Zahl der Betroffenen könnte drastisch zunehmen
Long Covid wird auch nach der Pandemie bleiben. Ebenso wie die Betroffenen, die in der Folge das Chronische Fatigue Syndrom (ME/CFS) entwickeln.
„Diese Veranstaltung hätte es wahrscheinlich ohne Long Covid nicht gegeben. In jeder Krise ist auch immer eine Chance.“ Das sagte Robert-Martin Montag, Generalsekretär des Landesverbands der FDP Thüringen, bei einem gesundheitspolitischen Gespräch zum Thema „Long-Covid und ME/CFS – Wie weiter?“ am Montagabend.
Der Begriff ME/CFS ist vielen noch immer unbekannt. Unter der Myalgischen Enzephalomeyelitis (ME), auch benannt als das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), leiden in Deutschland rund 250.000 Menschen. Seit Covid-19 kommen immer mehr Patient:innen hinzu.
ME/CFS ist eine schwere chronische Krankheit, die meist durch eine Virusinfektion ausgelöst wird und zu extremer Erschöpfung und ständigen Schmerzen führt. Konzentrations- und Gedächtnisschwäche sowie Kreislaufstörungen bis hin zu Atembeschwerden können zu kompletter Bettlägerigkeit führen.
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Lange mangelte es am Bewusstsein für das Krankheitsbild. Die Pandemie schärft jedoch jetzt den Blick dafür. Robert-Martin Montag wies darauf hin, dass rund zehn Prozent aller erwachsenen Covid-Erkrankten von langfristigen gesundheitlichen Einschränkungen, dem sogenannten Long Covid, betroffen seien – in Deutschland derzeit knapp 350.000 Menschen.
Vor allem Patienten zwischen 30 und 50 Jahren betroffen
Im Charité-Fatiguezentrum fand Carmen Scheibenbogen bereits im letzten Jahr heraus, dass Long Covid, ebenso wie beispielsweise das Epstein-Barr-Virus oder eine schwere Grippe, zur Erkrankung ME/CFS führen kann. „Wir wissen inzwischen, dass das überwiegend jüngere Patienten im Alter zwischen 30 und 50 Jahren und etwa doppelt so viele Frauen wie Männer sind“, sagte Scheibenbogen am Montag.
Auch Uta Behrends von der Kinderklinik Schwabing der TU München bestätigte, dass sich die Zahl der Anfragen verdoppelt hätte. Behrends erforscht seit Jahren die Krankheit ME/CFS bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und sprach nun davon, dass aufgrund der Corona-Infektionen „die jetzt geschätzten 40.000 Kinder und Jugendlichen mit ME/CFS in Deutschland noch zunehmen“ würden.
Christian Korbanka von der IKK classic betonte, dass alles, was mit den Folgen rund um Covid-19 zu tun habe, vor allem raus aus der Stigmatisierung müsse – mit Aufklärung und Transparenz. Menschen, die an Long Covid oder ME/CFS leiden, dürften nicht das Gefühl bekommen, gesellschaftlich nicht mehr kompatibel zu sein. „Das Zusammenspiel aller Beteiligten spielt hier eine große Rolle, nicht nur auf Seiten der Leistungserbringer, auch auf Seiten der Kostenträger.“
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Arte zeigt Film zu ME/CFS
Am kommenden Samstagabend zeigt der TV-Sender Arte eine Dokumentation, die Betroffene und ihre Angehörigen sowie international renommierte Forscher:innen begleitet. Mehrere an ME/CFS-Erkrankte kommen zu Wort und lassen den Zuschauer an ihren Krankheitsgeschichten teilhaben.
„Es ist, als würde jemand den Stecker ziehen, den Hauptschalter umlegen“, heißt es zu Beginn des Films. Die Botschaft: ME/CFS kann jeden treffen – die 39-jährige Kommunikationsdesignerin, den 58-jährigen Kriminalbeamten im Schichtdienst oder die 17-jährige Abiturientin. Keine Einzelfälle, sondern einige von vielen Menschen, die isoliert in ihren Wohnungen und Häusern leben.
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte bereits Ende Mai gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), dass sich die Zahl der Patient:innen mit chronischer Erschöpfung bis hin zur Suizidgefahr durch Long Covid verdoppeln könne. Besonders schwerwiegend sei ME/CFS: „Es handelt sich um eine völlig unnormale physische und psychische Erschöpfung schon nach kleinsten körperlichen Anstrengungen“, so Lauterbach. Auch die Arbeitswelt werde dieses Krankheitsbild zu spüren bekommen.
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