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Corona-Langzeitsymptome sind etwa das Erschöpfungssyndrom
© TU Berlin/MIG

Fatigue, Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen: „Long Covid betrifft vor allem Unter-60-Jährige“

Welche Erkenntnisse gibt es zu „Long Covid“? Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité klärt über Langzeitsymptome wie das Erschöpfungssyndrom auf.

Carmen Scheibenbogen leitet das Fatigue Centrum der Berliner Charité. Ihre Schwerpunkte liegen im Bereich Immunologie und Erforschung der chronischen Erschöpfung.

Frau Scheibenbogen, viele Patienten, die an Covid-19 erkrankt waren, leiden auch Monate danach noch unter den Spätfolgen. Welche können das sein?
Es gibt während einer Covid-Erkrankung unglaublich viele Symptome, über fünfzig sind beschrieben, die auch noch lange fortbestehen können. Die häufigsten sind Fatigue, Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen, aber auch ungewöhnliche wie Geschmacks- und Geruchsstörungen, Haarausfall und Hautveränderungen.

Was raten Sie den Patienten, die nach ihrer Covid-Erkrankung nicht gesund werden?
Wenn sich die Patienten nach vier Wochen noch nicht erholt haben, raten wir ihnen, zu ihrem Hausarzt zu gehen und die Lunge untersuchen zu lassen. Eine Blutuntersuchung ist auch wichtig, um eventuelle Mangelzustände und Entzündungen festzustellen. Wenn nach drei Monaten noch immer keine Besserung eingetreten ist, sollte man sich an eine Spezialambulanz wenden. Es kommt immer drauf an, was für Symptome man hat und dass man sich entsprechend vom Hausarzt zur richtigen Stelle weiterleiten lässt.

Zählen diese Patienten dann zu den „Long Covid“-Patienten?
Long Covid ist keine Diagnose, sondern nur ein Begriff für die Patienten, die vier Wochen nach ihrer Erkrankung noch anhaltende Symptome haben. Das sind relativ viele. Es gibt auch kein einheitliches Krankheitsbild, sondern unterschiedliche Gründe, warum man nach Covid noch so lange Symptome hat.

Sie forschen eigentlich zum Chronischen Fatigue-Syndrom, kurz CFS.
Wir bekamen im Sommer die ersten Anfragen von Covid-Patienten, die eine Fatigue und viele andere Symptome hatten, die wir auch von unseren CFS-Patienten kennen. Wir haben eine zusätzliche Sprechstunde eingerichtet, um das zu erforschen. Nun, ein halbes Jahr später, wissen wir, dass in der Tat auch das Chronische Fatigue-Syndrom nach Covid auftritt.

Carmen Scheibenbogen
Carmen Scheibenbogen
© privat

Welche Patientengruppen betrifft das?
Die Patienten in unserer Sprechstunde waren vor allem jüngere, die anfangs auch keine Lungenentzündung hatten. Wir sprechen dann vom „milden Covid“, wenn die Lunge nicht betroffen ist. Trotzdem waren diese Patienten oft zwei Wochen lang richtig krank. Alle hatten nach drei Monaten noch eine anhaltende Fatigue und viele weitere Beschwerden. Nach sechs Monaten konnten wir sehen, dass ein Teil dieser Long-Covid-Patienten das Vollbild des Chronischen Fatigue-Syndroms entwickelt hat. Zudem haben wir eine weitere Gruppe von Patienten, die ebenfalls ziemlich krank ist und eine schwere Fatigue hat, aber nicht die Diagnosekriterien von CFS erfüllt und noch nicht ganz einzuordnen ist. Was genau das ist, wissen wir noch nicht. In der Form kennen wir das nicht von anderen Infektionen. Die Ergebnisse unserer ersten Studie haben wir Anfang Februar als Preprint veröffentlicht.

Aber alle leiden an einer Fatigue?
Genau, alle haben das Leitsymptom Fatigue, zudem haben fast alle Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen. Viele haben auch eine Belastungsintoleranz. Aber während die eine Gruppe sich nach zu starker Belastung relativ schnell wieder erholt, kommt es bei den CFS-Patienten zu einem regelrechten Crash. Das ist die sogenannte Post-Exertionale Malaise, das ist ganz charakteristisch für CFS.

Welche Altersgruppe meinen Sie mit jüngeren Patienten? Oft heißt es , dass Covid vor allem die ältere Generation betrifft.
Die Jüngeren stecken Covid in der Tat besser weg. Viele merken gar nichts oder haben nur einen leichten Schnupfen. Aber unser jüngster Patient ist 23 Jahre, man kann also nicht ausschließen, dass Long Covid auch junge Patienten trifft. Es sind Menschen unter 60 Jahren, die sich mit den Langzeitfolgen bei uns vorstellen, nicht die älteren!

Liegt bei den Patienten auch ein möglicher Befall des zentralen Nervensystems vor?
Wir haben eng mit mehreren Kollegen der Charité zusammengearbeitet, um uns die Patienten genau anzuschauen, weil wir ja wissen, dass das Virus auch das zentrale Nervensystem befallen kann. Die Neurologen fanden aber keine Hinweise darauf, dass die anhaltende Fatigue der Patienten, die in unsere Sprechstunde kamen, neurologische Ursachen hat, also weder Entzündungen im Gehirn noch Strukturveränderungen oder Ähnliches.

Welche Therapieansätze eignen sich?
Wir machen bislang nur eine symptomorientierte Behandlung. Wir raten den Patienten von Belastungen wie Sport ab, behandeln Schlafstörungen, empfehlen Atemtechniken gegen Stress.

Was muss passieren, um die Patienten besser behandeln zu können?
Die Aufgabe der nächsten sechs Monate wird es sein, genau zu erforschen, was mit den Patienten los ist und wie gezielt behandelt werden kann. Wichtig ist, dass man die unterschiedlichen, komplexen Krankheitsbilder von Long Covid genau definiert. Nur dann können sie auch erforscht werden. Was wir jetzt brauchen, ist schnelle Forschungsunterstützung.

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