First Dogs und Cats im Weißen Haus: Warum Regierungschefs Hunde und Katzen brauchen
Mit Joe Biden endet die haustierlose Zeit im Weißen Haus. Haustiere haben ihren festen Platz in der Politik. Einige wie Larry, The Cat sind echte Stars.
Etwas mit Donald Trump gemeinsam zu haben, ist wenig schmeichelhaft. Und doch gibt es eines, das die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem scheidenden US-Präsidenten verbindet. Beide haben kein Haustier. Im Fall Merkels mag das daran liegen, dass ihre Tierliebe ein wenig exotisch ausfällt. „Ich finde Erdkröten etwas sehr Interessantes oder Fledermäuse“, hatte die Kanzlerin vor einigen Jahren verraten. Klassische Haustiere sind das nun einmal nicht.
Donald Trump hat dagegen wohl eher verhindern wollen, dass ihm jemand die Show stiehlt, weder Hund noch Katze. Die haustierlose Episode brach mit einer mehr als 200 Jahre alten Tradition, in der US-Präsidenten stets auf tierische Begleiter zählen konnten.
Der erste, George Washington, hatte 14 Hunde, möglicherweise sogar noch mehr, dazu Pferde, einen Esel und Papageien. John Quincy Adams hielt einen Alligator, Abraham Lincoln ein Hausschwein, Theodore Roosevelt hätte mit seinen Tieren – darunter Bär „Jonathan Edwards“ und Eidechse „Bill“ – einen Privatzoo füllen können.
Mit dem Einzug der Bidens ist die alte Ordnung wiederhergestellt. Der neue Präsident und seine Frau Jill bringen gleich zwölf Pfoten als Verstärkung mit, die beiden Schäferhunde „Champ“ und „Major“ und Kater „Winston“. Via Twitter stimmen die „First Dogs“ das amerikanische Volk bereits seit Wochen auf eine Zeitenwende ein. Hundehalter seien nun einmal die besseren Präsidenten, twitterten „Champ“ und „Major“ kürzlich, eine klare Spitze gegen Trump.
Für die Bidens spricht auch, dass sie „Major“ einst aus dem Tierheim geholt haben, der Rüde ist somit offiziell der erste „Rettungshund“ im Weißen Haus. Den Titel des ersten geretteten präsidialen Haustiers kann der Hund allerdings nicht beanspruchen, dieser gebührt der einstigen Streunerkatze „Socks“ der Familie Clinton.
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Ein "Major"-Missgeschick
Schon vor dem Einzug ins Weiße Haus sorgte „Major“ allerdings für Schlagzeilen. Im November musste Biden mit einem Stützschuh durch die Gegend humpeln, weil er sich beim Spielen mit dem Hund den rechten Knöchel verstaucht und kleine Stressfrakturen im Fuß zugezogen hatte.
Das zeigt: Haustiere können eine haarige Angelegenheit sein, aber noch haariger ist es, wenn man ohne vierbeinigen Freund dasteht. Vor allem in der Politik. „Wenn du einen Freund suchst in Washington, kauf dir einen Hund“, hatte schon Harry Truman gewusst.
Warum ein Haustier gut tut
Das liegt nicht nur daran, dass der Umgang mit den Fellknäueln beruhigt. Wer Tiere streicheln kann, baut Stress ab und entspannt sich. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Die tierischen Gefährten helfen zudem gegen Einsamkeit, weshalb sich auch hierzulande Millionen Menschen im Corona-Lockdown ein Haustier zugelegt haben.
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Mit Tieren macht man aber auch Politik, weiß der US-Politikprofessor James H. Lebovic. Er hat das Thema wissenschaftlich untersucht und sagt: „Haustiere sind eine wichtige Macht“. Präsidenten würden ihren Einsatz sehr sorgfältig planen. In wirtschaftlich schlechten Zeiten bleibt das Tier im Hintergrund, aber in „Zeiten von Krieg oder bei einem Skandal sind Hunde willkommene Begleiter in der Öffentlichkeit“.
Der Hund als Krisenretter
So trat Ex-Präsident Bill Clinton nach Bekanntwerden der Lewinsky-Affäre nicht nur mit Ehefrau Hillary, sondern auch mit seinem Labrador „Buddy“ auf. Richard Nixon gewann die Wahl, als er „Checkers“ in die Kamera hielt. Der Cockerspaniel mit dem traurigen Blick schaffte es, Korruptionsvorwürfe in den Hintergrund zu drängen. Gerhard Schröder (SPD), als Bundeskanzler mächtig unter Druck wegen der Hartz-Gesetze, holte 2003 „Holly“ ins Haus. Doch der Borderterrier konnte Schröders Abwahl zwei Jahre später nicht verhindern.
Und es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor wenigen Tagen Fotos seinen jüngsten Familienmitglieds postete, als sein Bundesland unter hohen Corona-Zahlen und nächtlichen Ausgangssperren ächzte: Der Welpe namens „Molly“, ein Fratz mit schwarzem Fell und Knopfaugen, sei eine „schöne Nachricht in schwerer Zeit“, twitterte Söder. Vielleicht hilft „Molly“ auch beim Rennen um die Kanzlerkandidatur.
Was Ramelows Hund twittert
Dazu müsste sich die Hündin jedoch einen Twitter-Account zulegen. Andere Vierbeiner sind da schon weiter, auch in Deutschland. „Attila von Ramelow“, der Jack-Russel-Terrier des Thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, versucht sich schon seit längerem mit Kurznachrichten. Wenn er allerdings öffentlich damit droht, allen Nazis die Eier abzubeißen, kann man sich das bei dem kleinen, leicht übergewichtigen, krummbeinigen Gesellen nicht so recht vorstellen.
Große Hunde machen etwas her
In Moskau könnte „Attila“ trotz seines ehrfurcht gebietenden Namens auf keinen Fall landen. Russlands Präsident Wladimir Putin gibt sich nicht mit Kleinvieh ab, in seinen Haushalt kommen nur große Hunde. Die haben den Vorteil, dass man mit ihnen notfalls auch Staatsgäste einschüchtern kann, etwa Angela Merkel.
Der Kanzlerin wird nachgesagt, dass sie Angst vor Hunden hat, weil sie einst gebissen worden sein soll. Wenig begeistert war sie daher, als Putin vor Jahren bei einem Staatsbesuch seine schwarze Labradorhündin „Koni“ ins Zimmer und am Besuch aus Deutschland schnuppern ließ. Merkel machte gute Miene zum bösen Spiel, das deutsch-russische Verhältnis dürfte der Auftritt „Konis“ aber nicht verbessert haben.
Larry: First Cat, Influencer, Regierungskritiker
Ein anderer Vierbeiner bemüht sich dagegen stets um gute diplomatische Verhältnisse seines Landes. Wäre es nach „Larry“ gegangen, so wäre Großbritannien noch immer Teil der Europäischen Union. Seit 2011 lebt der Kater in Downing Street 10 in London, dem Wohnsitz der britischen Premiers. David Cameron hatte „Larry“ einst aus dem Tierheim holen lassen und ihn zum „Chief Mouser“, dem obersten Mäusejäger gemacht. Doch das Tischtuch mit Cameron war spätestens in dem Moment zerschnitten, als der konservative Politiker mit seiner Brexit-Abstimmung den Anfang vom Ende einläutete.
Mehr als 400.000 Menschen folgen „Larry“ auf Twitter, der Kater hat Fans in aller Welt. Obwohl „Sunny“ und „Bo“, die Hunde des Ex-US-Präsidenten Barack Obama, ein Buch über sich vorweisen können, kommen sie an die britische Regierungskatze nicht heran. „Larry“ unterhält seine Follower mit Katzenvideos, ist aber zugleich politischer Influencer, Faktenchecker und einer der größten Regierungskritiker.
Es ist daher kein Wunder, dass Cameron in seiner Abschiedsrede ein Foto von sich und „Larry“ auf seinem Schoß im Unterhaus hochzeigte, um Gerüchten über eine Zerrüttung entgegenzutreten. Als Theresa May zurücktrat, veröffentlichte „Larry“ ihre Erfolgsbilanz – ein leeres, weißes Blatt.
Auch mit Boris Johnson steht der Kater auf Kriegsfuß, nicht nur weil dieser Hund „Dylan“ ins Haus geholt hat, sondern wegen des Brexit und der Corona-Politik. Der harte Lockdown sei für alle schlimm, aber ganz besonders für diejenigen, die ihr Haus mit Boris Johnson teilen müssen, twitterte „Larry“.