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Alf
© Fotolia

Alf, Lolle, Dallas & Co.: Warum habt ihr Schluss gemacht?

Wer jahrelang mit einer Fernsehserie groß geworden ist, fühlt sich Figuren wie J. R. oder Doktor Brinkmann ganz nah. Und dann sind sie plötzlich weg! Zehn schmachtende Erinnerungen.

ALF
102 Episoden in vier Staffeln

(1986–1990)

Ich muss sieben oder acht gewesen sein, als ein klein gewachsener Außerirdischer der Größte für mich war. Alf hieß er – wie die nach ihm benannte Sitcom, eine der erfolgreichsten US-Serien der 80er Jahre. Bis heute kann ich, glaube ich, fast jeden Dialog der hundert Folgen auswendig. Die Geschiche geht so: Alf macht eine Bruchlandung bei L. A., in der Garage der Tanners, einer amerikanischen Durchschnittsfamilie. Diese braven Leute nehmen ihn auf, verstecken ihn, füttern ihn durch. Der Außerirdische ist ein herzensguter, aber vollkommen chaotischer Typ. Er lässt die Küche explodieren, belastet die Kreditkarte und klopft Sprüche ohne Rücksicht auf Verluste. Ein Heidenspaß war’s. Vor allem konnte man von Alf lernen, noch den größten Scheiß – in seinem Fall: den atomaren Untergang eines Planeten – mit Humor zu nehmen. Sollten neue „Alf“-Folgen gedreht werden? Klar. Ich habe sogar mal eine Internetpetition unterzeichnet, „Bring Alf back on TV“. Andererseits war das Ende der Serie der ideale Schlusspunkt (über den unsäglichen Film, der später folgte, schweigen wir an dieser Stelle). Denn so heil die Welt der Tanners gewesen sein mochte, in der letzten Folge passierte das denkbar Schlimmste: Die US-Behörden schnappten den Außerirdischen. Ich saß vorm Fernseher und war erschüttert. Es fühlte sich an wie das Ende meiner Kindheit. Björn Rosen

Berlin, Berlin
Berlin, Berlin
© promo

BERLIN, BERLIN
86 Episoden in vier Staffeln (2001–2004)

Lolle zog von Malente nach Berlin, ich und alle meine Freundinnen zogen mit. „Berlin, Berlin“, das verbanden wir weniger mit der Stadt (in der ich noch nicht wohnte) als mit einem Lebensgefühl: frei sein, ausprobieren, wird schon – irgendwie. In Lolle fand sich jede von uns wieder, sei es im oft vergeblichen Versuch, cool zu sein oder im Kampf gegen die autoritäre Mutter. Lolle verbreitete Chaos. Lolle sah man immer an, was sie gerade dachte. Ihre frappante Mimik (Felicitas Woll): herrlich! Ich verliebte mich wie Lolle in ihren Cousin Sven, trotz seiner Softie-Kette und des Winsel-Blicks. Ich litt mit dem trotteligen Nachbarn Hart und bedauerte, dass wir in unserer Clique keinen Vietnamesen wie Tuan hatten, in dessen Imbiss wir jederzeit eine gebackene Banane mit extra viel Honig plus Glückskeks-Weisheit bekommen würden. Zweieinhalb Jahre nach dem Abitur zog auch ich nach Berlin. Immer, wenn ich am Erkelenzdamm vorbeiradele, wo Lolles WG war, habe ich den Titelsong „Never give up“ auf den Lippen. Maris Hubschmid

Ich heirate eine Familie
Ich heirate eine Familie
© pa/dpa

ICH HEIRATE EINE FAMILIE

14 Episoden (1983–1986)
Für diese Serie habe ich mich schon geschämt wie begeistert, da kannte ich den Begriff guilty pleasure noch gar nicht. Der Plot: Werbegrafiker Werner verliebt sich in die hibbelige Angi und hat somit auch deren drei Kinder aus erster Ehe an der Backe. Dazu gibt’s ein Meerschweinchen namens „Bommel“. Das beißt manchmal, aber nur aus Versehen. Und wenn Tochter Tanja heimlich eine Party schmeißt, sind am nächsten Morgen zwar Haus und Garten verwüstet, aber das macht nichts, weil dann eben alle gemeinsam aufräumen, so geht es schneller. Diese TV-Familie muss nur Probleme bewältigen, die auch beherrschbar sind, und ich denke, genau das ist ihr Geheimnis. Angi so: „Ich mach dir was Schönes zum Abendbrot. Was hältst’n von Bratkartoffeln?“ Und Werner so: „Bratkartoffeln? Das macht doch so viel Arbeit!“ Am Ende gibt es keine Bratkartoffeln, sondern Würstlgulasch. Sebastian Leber

Akte X
Akte X
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AKTE X – DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES FBI

202 Episoden in neun Staffeln (1993-2002)

In „Akte X“ geht es um Ufos und Aliens, um implantierte Computerchips und ausgetauschte Körperteile, um Weltauslöschungswaffen und Menschheitsvernichtungsviren. Das alles aber habe ich ehrlich gesagt so gut wie vergessen. In meiner Erinnerung geht es in „Akte X“ nur um Scully (Gillian Anderson) und Mulder (David Duchovny), die beiden FBI-Agenten, die einander 202 Folgen lang mit Schlafzimmerblicken hypnotisieren, ohne je im Schlafzimmer zu landen. Ich wünschte, das täten sie bis heute, denn alle späteren Nachahmerserien reduzierten das Mystery-Genre leider auf albernen Erich-von-Däniken-Quatsch. Das große Mysterium dagegen, das Scully zweifeln und Mulder glauben lässt, jenes unbegreifliche Etwas, an dem sich die beiden neun Jahre und neun Staffeln lang reiben, dieses größte und unerklärlichste Menschheitsrätsel von allen – sein Name ist Sex. Oder was dachten Sie, wofür das „X“ im Titel steht? Jens Mühling

Dallas und Flipper

Queer as folk
Queer as folk
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QUEER AS FOLK
83 Episoden in fünf Staffeln (2000–2005)

Als schwuler Zuschauer hat man es mit Identifikationsfiguren in Film und Fernsehen nicht leicht. Sicher, fast jede Serie hält sich ihren Quoten-Schwulen oder ihre Quoten-Lesbe. Doch im Kino dominiert der Coming-out-Film, in dem die Protagonisten mal lustig, mal quälend zu ihrer sexuellen Identität finden – und der Film an dem Punkt zu Ende ist, an dem das Leben erst richtig anfängt. Anders „Queer as Folk“. Brian, der Männer wechselt wie andere ihre Unterwäsche; sein bester Freund Michael, der heimlich in ihn verliebt ist; das Küken Justin, neu in der schwulen Szene; die Tunte Emmet; Lindsay und Melanie, die eine Regenbogenfamilie gründen. Liebe, Drama, Eifersucht, Party, Sex wurden geschickt verwebt mit Themen wie Homophobie am Arbeitsplatz, Akzeptanzprobleme in der Familie, Drogen und HIV – ein queeres Universum. In den USA wollten das so viele Zuschauer sehen, dass es fünf Staffeln gab. Pro Sieben traute sich erst Jahre später, die Serie zu zeigen, und schob sie schnell ins Nachtprogramm ab. Zu gerne wüsste man, wie die Figuren, die fast alle in den Zwanzigern oder Dreißigern waren, jetzt in der Mitte des Lebens stehen. Tilmann Warnecke

Dallas
Dallas
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DALLAS
357 Episoden in 14 Staffeln (1978–1991)
Die interessanteste Figur war J. R. Ewing, ein texanischer Ölbaron, gespielt von Larry Hagman. So eine Hauptfigur hätte es in einer deutschen Serie dieser Zeit nicht geben können. J.R. war böse, nein, „fies“ trifft es besser. Oft kam er durch mit seinen fiesen Tricks. „Dallas“ war nicht so bieder wie hiesige Serien, nicht so pädagogisch. Schurkenrollen gab es auch bei uns. Aber J. R. wirkte nicht immer unsympathisch. Eine moralisch ambivalente Serie, unerhört, Volkskunst an der Grenze zur Hochkunst. Ich muss immer lachen, wenn in Deutschland die amerikanische Kultur als „flach“ angeprangert wird, Leute, ihr habt keine Ahnung. 1995 gab es „Dallas“ nicht mehr, und in Deutschland tauchte endlich ein Schurke im Fernsehen auf, der J. R. das Wasser reichen konnte: Götz George als „Das Schwein“. Es war ein Mehrteiler über die Wiedervereinigung. Der wertende Titel „Das Schwein“ – nun, der war wieder typisch deutsch. Harald Martenstein

Flipper
Flipper
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FLIPPER

88 Episoden (1964–1967)
Es gibt Fernsehfilme, die bleiben im Ohr hängen. Flipper funktioniert so. „Man ruft nur Flipper, Flipper, gleich wird er kommen, jeder kennt ihn, den klugen Delfin …“ Ein Titelsong für die Ewigkeit. Mitte der 60er Jahre taucht das Tier auf. Ein Witwer als Ranger in Florida, seine zwei Söhne. Die Frauen sind noch sittsam gekleidet, die Jungs brav gekämmt. Unschuld und Arglosigkeit in Schwarz-Weiß. Und doch ein Abenteuer nach dem anderen. Bösewichter, Gekenterte, ein trauriges Mädchen im Rollstuhl – der Delfin rettet alle und alles. Wenn er im Meer steht, keckernde Rufe ausstoßend, ein lustiges Delfinlachen, da ist sogar meine Fünf in Mathe vergessen. Wir hatten keinen Fernseher zu Hause, pädagogische Gründe, die Eltern fürchteten geistige Verwahrlosung und gesundheitsschädliche Strahlen. Ich stahl mich zu Nachbarn. Flipper, alter Freund! Sein Tiertrainer, Richard O’Barry, drehte vor einigen Jahren eine TV-Dokumentation in Japan. Schlächter treiben da in der Bucht von Taiji Delfine zusammen und stechen mit Lanzen auf sie ein. Zuckende Leiber, blutrote See, jetzt in Farbe zu sehen. Da ist Flipper endgültig gestorben. Norbert Thomma

Jeannie und Schwarzwaldklinik

Bazaubernde Jeannie
Bazaubernde Jeannie
© pa/dpa

BEZAUBERNDE JEANNIE

139 Episoden in 5 Staffeln (1965–1970)
„I Dream of Jeannie“ hieß die Serie im Original, und genau das haben wir getan, meine Schwester und ich. Jeannie war der Geist, der aus der Flasche kam, auf einer Insel gefunden von Major Nelson und ins amerikanische Suburbia verschleppt. Dort sorgte sie für lustige Unruhe und blinzelte alle Probleme weg. Ihr Tony war zu spät dran? Ein Augenzwinkern, und der Koffer war gepackt. Gäste im Anmarsch? Schwupps, stand das Menü auf dem Tisch. Davon träumten wir: Nie wieder Schularbeiten! Nie wieder aufräumen! Den Sexismus der Serie nahmen wir gar nicht wahr – dass da eine Frau ihren Geliebten (wobei: Sex hatten sie wohl nie) ständig mit Master anredete und alles tat, um ihm zu gefallen, dass er sie einfach in die Flasche sperren konnte, wenn sie lästig wurde. Vielleicht haben wir auch darüber hinweggesehen, weil wir wussten, wer im Hause Nelson die Pumphosen anhatte. Tony arbeitete als Astronaut im Büro statt im Weltall, Jeannie dagegen, im halb verschleierten Bikini-Oberteil, verkörperte die Welt der Abenteuer. Ihr blondes Haarteil wippte stets so fröhlich, wie sie war, egal wie stoffelig ihr schluffiger Meister war. Erst Jahre später ließ Larry Hagman die böse Sau raus: als J. R. in „Dallas“. Hab’ ich auch geguckt. Jede Woche. Susanne Kippenberger

Schwarzwaldklinik
Schwarzwaldklinik
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DIE SCHWARZWALDKLINIK
70 Episoden in sechs Staffeln (1984–1988)
Der erste Arzt, den ich liebte, hieß Doktor Böhm. Wenn ich mir als Kleinkind wieder mal das Genick ausgerenkt hatte und heulend auf der Bettkante saß, nahte die Rettung in Gestalt dieses nach Arztseife duftenden, weiß gewandeten, privat abrechnenden Chiropraktikers. Doktor Böhm war immer gütig, immer gebräunt, immer heilsam, und dass er was mit der Sprechstundenhilfe hatte, kapierte ich als Fünfjährige vor seiner Ehefrau. Die erste Ärztin, die ich liebte, hieß Christa Brinkmann, in der „Schwarzwaldklinik“ verkörpert von Gaby Dohm. Sie hat den Halbgöttern in Weiß in Wolfgang Rademanns unsterblicher Arztkolportage aus dem Glottertal schon als Schwester Christa Mehnert gezeigt, wo das Stethoskop hängt. Sich den Nachstellungen von Sascha Hehn als windigem Doktor Udo Brinkmann verweigert. Und selbstredend den höherrangigen Klinikchef Klausjürgen Wussow als Professor Klaus Brinkmann zum Gatten gewählt. War ja auch nicht anders zu erwarten von dieser klugen, tüchtigen, propperen, ihre Kittel gewiss bei 90 Grad waschenden Person. An so viel medizinische und menschliche Hingabe kam danach nur Doktor Mark Greene heran. In „Emergency Room“, der richtig großen Arztoper, die ich noch viel mehr vermisse. Gunda Bartels

Maxwell Smart
Maxwell Smart
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MAXWELL SMART
138 Episoden in fünf Staffeln (1965–1970)
Schon die Eingangssequenz war großartig: Super-Max (oder Mini-Max, wie er ab 1970 im ZDF hieß) durchquert in einem Keller mehrere Stahltüren, um am Ende in einer Telefonzelle zu verschwinden, die ihn noch tiefer befördert. Eine Telefonzelle! In einem Keller! Wie blöd ist das denn! Sieht doch jeder, dass da was nicht stimmt, wenn im Keller eine Telefonzelle steht. Ich war ungefähr zehn, stolz, diesen Gag erkannt zu haben, und konnte mich gar nicht sattsehen an Maxwell Smart alias Agent 86, den trotteligsten Agenten der Fernsehgeschichte, ganz anders als James Bond, dem alles gelingt. Max hatte auch seine Gadgets, zum Beispiel sein im Schuh verstecktes Telefon, 20 Jahre, bevor man an Handys überhaupt dachte. Unvergessen, wie Max sein Schuhtelefon ausgerechnet in einem Schuhgeschäft verlegt und sich alle möglichen Absätze ans Ohr hält. Smart arbeitete für „Control“, damals durften Geheimdienste noch so heißen. Und die Bösen, die waren natürlich bei „Kaos“, dem ewigen Gegenspieler. Und es gab Agent 99, Max’ weiblichen Partner. Ich glaube, ich war ein bisschen verliebt. Viel später kam ein Spielfilm und das Remake, aber an das Original reichten die alle nicht heran. Andreas Austilat

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