Kenny Baker ist tot: Die gute Seele in R2D2
Der Star-Wars-Schauspieler Kenny Baker ist tot. Als R2D2-Darsteller blieb er ein Star ohne Gesicht - genau wie die Menschen hinter Alf, Chewbacca, Samson ... Sieben späte Würdigungen.
R2D2: Mit 16 Jahren übernimmt der kleinwüchsige Kenny Baker aus Birmingham erste Theaterrollen, später tritt er als Zirkusclown und in Varietéshows auf. Ein Agent des US-Regisseurs George Lucas lädt ihn zum Castingtermin für den Science-Fiction-Film „Star Wars“ in London. Vor Ort muss Baker nicht vorspielen, ihm wird sofort ein Angebot unterbreitet. Die entscheidenden Worte des Chef-Besetzers lauten: „Er passt“. Kenny Bakers Aufgabe besteht darin, im Inneren des Droiden R2D2 zu stehen und dessen Kopf in verschiedene Richtungen zu drehen. Mehrfach vergisst die Crew, ihn während längerer Aufnahmepausen aus dem Kostüm zu holen. Zudem leidet Baker unter dem herablassenden Verhalten seines Schauspielkollegen Anthony Daniels, der wiederum im Inneren des Roboters C3PO steckt. Später bekommt Kenny Baker, diesmal unkostümiert, eine Nebenrolle in David Lynchs „The Elephant Man“. Als George Lucas Mitte der 90er mit der Planung drei weiterer „Star Wars“-Filme beginnt, verzichtet er aus Nostalgiegründen auf die nun möglich gewordene Computeranimation und bittet Kenny Baker, erneut in das Gehäuse von R2D2 zu klettern. Der Brite ist somit der einzige Schauspieler, der in allen sechs Filmen der Reihe mitwirkt. 2005 berichten Zeitungen, dass die Roboterhülle innen zeitweise mit Bildern von Nacktmodels ausgekleidet war. Baker sagt, er habe sie nicht selbst geklebt.
Nun ist der Schauspieler laut "Guardian" im Alter von 83 Jahren gestorben. Wie Kenny Baker ausschaute, sehen Sie hier!
ALF: Der Ungar Michu Meszaros ist 84 Zentimeter groß. In seiner Jugend wird er an der staatlichen Artistenschule in Jonglage und Akrobatik unterrichtet, tourt dann als „Kleinster Mann der Welt“ mit einer Zirkusshow durch die USA. Im Alter von 46 Jahren wird er für die Sitcom „Alf“ verpflichtet: Er schlüpft ins Kostüm des gleichnamigen Außerirdischen, der auf der Erde notlandet und von einer Mittelstandsfamilie aufgenommen wird. Meszaros wird für alle Szenen gebraucht, in denen Alf als Ganzes zu sehen ist. Wird dagegen nur die obere Hälfte der Figur gezeigt, etwa weil sie am Tisch oder hinter der Küchendurchreiche sitzt, kommt eine Puppe zum Einsatz, die von drei Mitarbeitern simultan gesteuert wird, um Arme, Mund und Ohren zu bewegen. Da die starken Strahler am Set Alfs Fell schnell erhitzen, versucht die Crew, Meszaros’ Einsätze zu minimieren und wo möglich auf Archivmaterial zurückzugreifen. Nach Serienende erhält er Engagements in Horrorfilmen, tritt in Musikvideos der Band Aerosmith auf und freundet sich mit Michael Jackson an. 1989 benennt die kalifornische Stadt Hawthorne ihre kürzeste Straße nach ihm. Vier Jahre später beendet Meszaros seine Karriere mit einer Rolle im drittklassigen Schocker „Warlock: The Armageddon“. Auch Michu Meszaros ist 2016 gestorben.
Wie Michu Meszaros ausschaute, sehen Sie hier!
E.T.: Als der Film am 26. Mai 1982 beim Filmfest in Cannes Premiere feiert, läuft sie nicht über den roten Teppich. Als das Werk hunderte Millionen US-Dollar einspielt und mehrere Oscars erhält, feiert sie nicht mit, gibt auch keine Interviews wie die anderen Darsteller oder Regisseur Steven Spielberg. Sie musste vor Drehbeginn einen Vertrag unterschreiben, der ihr verbietet, öffentlich über ihre Rolle zu sprechen.
Tamara Detro, Künstlername: Tamara De Treaux, ist kleinwüchsig, bloß 79 Zentimeter groß, nach ihrem Highschool-Abschluss 1978 im kalifornischen San Leandro übernimmt sie erste Nebenrollen in Filmen. Das Angebot, ins Innere des freundlichen Außerirdischen E.T. zu schlüpfen, hält sie für eine große Chance: Regisseur Steven Spielberg ist schon damals ein Star, hat bereits „Der weiße Hai“ und „Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes“ ins Kino gebracht. Außer De Treaux kommen abwechselnd ein weiterer Kleinwüchsiger sowie ein Zwölfjähriger ohne Beine unter E.T.s Kunsthaut zum Einsatz. Die Herstellung der Puppe aus Latex, Metall und Schaumstoff hat drei Monate gedauert und 1,5 Millionen US-Dollar gekostet. Bei der Gestaltung des Kopfes orientierten sich die Designer an Gesichtsmerkmalen von Albert Einstein und Ernest Hemingway. Spielberg nennt das Ergebnis „etwas, das nur eine Mutter lieben kann“. Die Produktionsfirma will die Identitäten der E.T.-
Darsteller geheimhalten, um den Mythos des Aliens nicht zu zerstören. De Treaux übernimmt anschließend kleinere Rollen in Horrorfilmen, freundet sich mit dem US-Schriftsteller Armistead Maupin an. 1990 stirbt sie im Alter von 31 Jahren an Herzversagen. Maupin verfasst eine Hommage, schreibt die Novelle „Maybe the Moon“, deren Protagonistin stark an die Schauspielerin erinnert. Maupin sagt, er könne beim Anschauen von „E.T.“ jederzeit am Gang des Aliens erkennen, ob Tamara De Treaux in dieser Szene eingesetzt wurde. Zum Beispiel ganz am Ende des Films, als E.T. ins Raumschiff wankt und davonfliegt. Das sei zweifelsfrei Tamara. Wie Tamara De Treaux ausschaut, sehen Sie hier!
Gollum, Chewbacca, Samson und Frankensteins Monster
Gollum: Für die „Herr der Ringe“-Trilogie ist Andy Serkis zunächst nur als Synchronsprecher vorgesehen, er soll der digital erschaffenen Fantasiefigur Gollum seine Stimme leihen. Als Regisseur Peter Jackson dem Theaterschauspieler im Studio beim Proben zusieht, ist er jedoch von dessen Mimik so angetan, dass er Serkis’ Bewegungen und Gesichtsausdrücke mithilfe des sogenannten Motion-Capture-Verfahrens auf Gollum übertragen möchte: Am Körper des Schauspielers werden Sensoren fixiert, diese zeichnen jede Positionsveränderung auf. Programmierer setzen die Datenmengen anschließend am Computer zu einem 3-D-Modell zusammen. Nach Gollum gibt Serkis auf diese Weise noch den Riesenaffen „King Kong“, Kapitän Haddock in der Spielberg-Produktion „Die Abenteuer von Tim und Struppi“sowie eine Hauptfigur in „Planet der Affen: Prevolution“. Trotz hervorragender Kritiken wird Serkis nie für einen Oscar nominiert. Das Komitee stört sich am massiven Computereinsatz. Hollywoodkollege James Franco hat der Academy inzwischen einen offenen Brief geschrieben: „Andy Serkis ist der unangefochtene Meister einer neuen Schauspielmethode, und es ist an der Zeit, dass er endlich Anerkennung erhält für seine innovative Kunst.“ Seit seinem ersten Auftritt in „Herr der Ringe“ stand Serkis, heute 48, für diverse US-Produktionen selbst vor der Kamera, keine fand größere Beachtung.
Wie Andy Serkis ausschaut, sehen Sie hier!
Chewbacca: Der Brite Peter Mayhew arbeitet als Pförtner in einem Londoner Krankenhaus, als er 1977 von einem Zeitungsreporter zum Thema „Männer mit riesigen Füßen“ befragt wird. Mayhew misst 2,20 Meter, hat Schuhgröße 54. Den Artikel liest ein
Produzent, der gerade einen Minotaurus-Darsteller für „Sindbad und das Auge des Tigers“ sucht. So kommt Peter Mayhew mit 34 Jahren zum Film. Kurz darauf übernimmt er die Rolle des haarigen Chewbacca, der in „Star Wars“ auf Seite der Rebellen gegen das Imperium kämpft. Zur Vorbereitung besucht Mayhew mehrfach den Zoo. Chewbacca soll eine Mischung aus Bär, Affe und Alaskahund verkörpern. Das Kostüm wiegt acht Kilo, das Fell stammt von Angoraziegen und Yaks. Da es stark haart, muss es ständig ausgebessert und für „Rückkehr der Jedi-Ritter“ komplett ausgetauscht werden. Zwei Mal fängt es Feuer.
Sprechen muss Peter Mayhew nicht, Chewbaccas Brülllaute sind abgemischte Tonbandaufnahmen von Schwarzbär-, Kamel- und Walrossstimmen. Bei Dreharbeiten in einem kalifornischen Waldgebiet wird Mayhew eindringlich davor gewarnt, während der Pausen das Set zu verlassen. Das Filmteam fürchtet, verängstigte Dorfbewohner könnten auf ihn schießen. Die
Auftritte in „Star Wars“ bleiben Peter Mayhews größte Erfolge als Schauspieler. Bis heute wird er regelmäßig zu Fantreffen als Ehrengast geladen, allein diesen Juni besucht er vier.
Wie Peter Mayhew ausschaut, sehen Sie hier!
Samson: Im Kostüm steckt ein kleiner Monitor, darauf spielt ihm die Regie das Sendebild ein. So erkennt Klaus Esch, ob er tatsächlich frontal in die Kamera winkt, wenn er mit tiefer Stimme „Hallo Kinder“ sagt. Ein wenig Licht fällt auch durch Samsons Nasenlöcher. Klaus Esch hat Operngesang studiert, in der Sesamstraße darf er ab 1991 manchmal Kinderlieder anstimmen. Häufiger muss er aber: mit den Armen winken, mit den Knien federn, tollpatschig zu Tiffy rüberwanken. Einmal ist er rückwärts aus seiner Hängematte mit dem Hinterkopf auf den Boden gekracht, nur dank der Polsterung blieb er unverletzt. Die Luft ist recht schlecht im Kostüminneren, sagt Esch. Aber man gewöhne sich daran. Die Samson-Rolle übernimmt er von dem Schauspieler Matthias Bullach, der sich nach eigener Aussage „künstlerisch weiterentwickeln“ will und das Angebot für einen Gastauftritt in der RTL-Serie „Ein Schloss am Wörthersee“ annimmt. Klaus Esch gewinnt ein Casting, seitdem trägt er regelmäßig die Gestellkonstruktion mit dem 25 Kilo schweren Fellkostüm. Mit seiner rechten Hand bewegt er Samsons Arme, mit der linken kann er dessen Kopf drehen, den Mund auf- und zuklappen oder die Augen in verschiedene Richtungen bewegen. Im Jahr 2010 wird die Figur vorläufig aus den Drehbüchern geschrieben – offiziell ist Samson verreist, allerdings taucht er derzeit in Wiederholungen auf.
Wie Klaus Esch ausschaut, sehen Sie hier!
Frankensteins Monster: Eigentlich ist Schauspielstar Bela Lugosi angefragt. Doch der lehnt ab, die Rolle eines stummen Monsters unterfordere ihn, sagt er. So wird der Brite Boris Karloff verpflichtet, der bis dahin hauptsächlich als Bösewicht gebucht wurde: In „The Guilty Generation“ gab er einen Gangsterboss, in „Mann ohne Furcht“ einen Räuber, in „Das Strafgesetzbuch“ einen inhaftierten Mörder. Gelegentlich durfte er auch schon Taschendiebe oder Piraten verkörpern, aber erst seine Rolle als Frankensteins Kreatur bringt ihm bei Kritikern den Spitznamen „Karloff der Unheimliche“ ein. Der Film macht Karloff berühmt. Gefeiert wird er unter anderem für seine traurig wirkenden Augen, in der Fortsetzung „Frankensteins Braut“ erhält er einige Dialogzeilen. Seine
Gagenforderungen steigen deutlich, seine Rollen bleiben die gleichen: Er spielt Gangster, Nachtclubbesitzer, Henker und Untote, auch einen drogenabhängigen Arzt. Vier Jahrzehnte nach seinem Monster-Debüt greift Karloff das Motiv noch einmal auf: Der inzwischen 70-Jährige spielt den deutschen Baron Viktor von Frankenstein, der in einem Atomreaktor den neuen Menschen erschaffen will. Auf Plakaten wird Karloff nun als „Dämon des Atomzeitalters“ beworben. 1969 stirbt er an den Folgen einer Lungenentzündung. Seine Erben betreiben eine Internetseite, auf der sie gruselige T-Shirts, Magneten und Briefbeschwerer mit seinem düsteren Konterfei verkaufen.
Wie Boris Karloff ausschaute, sehen Sie hier!