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Nicht genug Geschirr im Haus? Der Nachbar verleiht sicher gerne ein paar Schüsseln fürs Abendessen mit Freunden.
© Rawpixel/Fotolia

Hilfe, die Gäste kommen!: Tipps für die perfekte Dinnerparty in Zeiten des Coronavirus

Tischwäsche, Sitzordnung, Zuspätkommer und Nachsalzer – jetzt nicht nervös werden. Zehn Schritte zum perfekten Dinner.

Immer mehr große und kleine Veranstaltungen fallen wegen des Coronavirus aus, das soziale Leben verlagert sich ins Private. Warum nicht selbst eine Dinnerparty veranstalten? Für alle, die aus der Übung sind, hat Susanne Kippenberger, Autorin des Buchs "Am Tisch", einige Tipps.

1 Relax! Das ist die zentrale Lektion

Alles andere sind Fußnoten. Einmal gründlich Händewaschen, dann zurücklehnen und genießen. Eine Dinnerparty (wieso gibt es eigentlich kein deutsches Wort dafür?) ist kein Wettkampf, Sie müssen niemandem was beweisen. Ihre Gäste wollen einfach einen schönen Abend haben, sie kommen nicht, um Punkte zu verteilen. Vorausgesetzt, Sie beachten Regel 1a und laden nur Gäste ein, die Sie wirklich bei sich haben wollen. Eine Dinner Party sollte immer Kür sein, keine Pflicht. Die einzige Ansage, die Sie machen sollten: Über Krankheiten und Viren wird am Tisch nicht geredet. Das gilt generell - und jetzt erst recht. Denn das sind die Gesprächskiller. Und: Das Ziel ist das Ziel, nicht der Weg dahin. Es kommt nicht drauf an, ob Sie eine Stunde in der Küche gestanden haben oder zehn, allein das Ergebnis zählt. Schmeckt’s? Fühlen sich alle wohl? Dann darf auch in der Küche Chaos herrschen.

2 Lassen Sie Ihre Besucher nicht verhungern

Sie kommen mit knurrendem Magen, also empfangen Sie sie mit Nüsschen, Oliven und Blätterteigstangen. Sonst sind sie auch gleich nach dem ersten Glas Sekt beschwipst. Bei Einladungen sollte man einen Puffer von zwei akademischen Vierteln lassen, damit alle in Ruhe eintrödeln und sich warmreden können, erst dann kommt das Essen auf den Tisch. Bloß nicht hetzen, für 20 Uhr einladen und um 20.05 Uhr die Schüsseln auf den Tisch stellen! Wer mehr als eine halbe Stunde zu spät kommt, ist selber schuld.

3 Nie waren die Zeiten für lässige Dinner Partys besser

Nie kam man so leicht an gute Zutaten heran, nie gab es so viele und vielfältige Kochbücher. Nur ein Klassiker ist vergriffen: Édouard de Pomiane, französisch-polnischer Erfinder der Zehn-Minuten-Küche, dem es darum ging, die Zeit des Genusses so weit wie möglich auszudehnen. „Das kann man nur, wenn man die Zeit der Vorbereitung möglichst abkürzt.“ Sein Geheimrezept: Keep it simple. Gelassenheit statt Perfektionismus (der eh der Tod der Gemütlichkeit ist). Über Pannen lacht er einfach hinweg. Und empfiehlt dem Gastgeber, sich auf die Zubereitung eines Ganges zu konzentrieren, ansonsten etwas Leichtes zu machen oder fertig zu kaufen. Pasta geht immer. Heute kann, wer in Zeitnot ist, den Lieferservice anrufen, aber das ist dann halt ein unpersönliches Restaurantessen. Ich kaufe lieber Rindsrouladen bei Butter Lindner, die besser schmecken als alle Rouladen, die ich selber kochen könnte (allerdings auch teurer sind), das hat noch was von Hausmannskost. Suppe, Salat und Nachtisch stammen aus hauseigener Produktion. Von guten Freunden kann man sich auch einen Gang mitbringen lassen. Wichtig sind gutes Brot, Butter, Olivenöl. Wenn alles schief geht, kann man sich daran satt essen.

4 „Preparation, Preparation, Preparation“

So heißt das Mantra von Caroline Grinsted, Mitbegründerin des Berliner Thyme-Supperclubs: „Bereiten Sie so viel wie möglich vor.“ Und zwar am besten am Tag zuvor, mit Muße. Das Ganze soll ja ein Vergnügen sein. Wer à la minute-Kunststücke am Herd vollbringen will, sollte dies nur in kleiner Runde tun. Denn der Gastgeber gehört an den Tisch und nicht in die Küche, die Gäste wollen schließlich was von Ihnen haben. Darum gibt’s bei mir vorzugsweise Geschmortes oder im Ofen Gebackenes. Comfort Food ist eh angesagt. Suppen kann man schon am Abend vorher zubereiten, Desserts sowieso.

5 Eine Tischdecke macht aus der einfachsten Tafel etwas Besonderes

Stoffservietten verstärken den Effekt, aber ich bin faul und nehme profanes Papier, da gibt’s wunderbare Muster. Geschirr, Gläser und Besteck aus einem Guss sind nicht mehr angesagt, mix and match heißt die eklektizistische Regel. Nur spülmaschinenfest sollte alles sein. Ich persönlich trinke gern Wasser und Wein, aber nicht aus demselben Glas, also: zwei. Falls der Vorrat nicht reicht – der Nachbar hilft gerne aus. Bloß keine Pappteller und Plastikgabeln! Dafür Salz und Pfeffer. Angeregte Gespräche sind mir Musik genug. Blümchen? Ja, aber nicht zu duftintensiv und verteilt auf kleine Vasen. Niemand möchte einen dicken Blumenstrauß zwischen sich und dem Gegenüber stehen haben. Ähnliches gilt für Kerzen. Ausladende Leuchter gehören an die Peripherie. Licht ist der einfachste Stimmungsmacher: Die Lampen runterdimmen, viele viele Kerzen anzünden. Profis raten zu unterschiedlichen Höhen, wie bei einer Berglandschaft. Da ich keine Bastelmaus bin, gibt’s bei mir weder selbst gestrickte Tischkärtchen noch upgecycelte Weckgläser. Es hat sich noch niemand beschwert.

6 Die richtige Mischung macht’s, beim Essen wie bei den Gästen

Monothematische Menüs – etwa alles in Weiß – sind in, ich mag’s lieber bunt. Bei den Gerichten mische ich Bewährtes mit Neuem. Ich probiere nämlich gern neue Rezepte aus und zwar ohne Generalprobe. Bei Julia Child, der fulminanten Fernsehköchin, habe ich gelernt, dass man sich nie für ein Essen entschuldigen sollte, auch nicht für einen Flop. Ansonsten sollten Sie Ihre Freunde nicht überfordern. Zehn Gänge sind sieben zu viel. Und ersparen Sie ihnen die Bitte, am Ende des Gelages einen originellen Beitrag fürs Gästebuch zu liefern.

7 Der Gastgeber ist kein Alleinunterhalter

Er bereitet nur die Bühne, auf der alle zusammen agieren. Manche Gastgeber fühlen sich wohl in der Rolle des Strippenziehers. Ich setze darauf, dass die Gäste sich von allein mischen. Schließlich lade ich Menschen ein, von denen ich glaube, dass sie sich füreinander interessieren. Acht, zehn Leute sind eine ideale Größe, da können sich noch alle miteinander unterhalten. Bei größeren Runden kommt man um eine Tischordnung nicht herum, schon damit Paare und Freunde nicht aufeinanderhocken. Profis greifen dabei zur Planungs-App (perfecttableplan.com).

8 Wichtiger als alle Kochkunst ist Großzügigkeit

Mein Vater weigerte sich, je wieder zu meinem Onkel zum Essen zu gehen, weil er dort Kartoffeln abgezählt bekam. Deshalb bin ich auch kein Freund von Tellerservice. Auf schönen großen Platten präsentiert – Fans von Ottolenghi, „dem Retter der modernen Dinner Party“, wie er in einem Porträt genannt wurde, wissen das – wirkt alles üppiger und verlockender. Und jeder kann sich nehmen, was und wie viel er will. Damit hätte man auch eines der größten Probleme der heutigen Zeit gelöst: Sonderwünsche, kulinarische Abneigungen und Unverträglichkeiten. Am besten stellt man das Menü nach dem Baukastenprinzip zusammen. Ein weiterer Vorteil des Service aus Schüsseln, den man „family style“ nennt: Jeder kann seinem Nachbarn auftun. Tafeln heißt schließlich teilen. Und wenn was übrig bleibt – Reste kann man einfrieren oder den Besuchern als Doggy Bag mit nach Hause geben.

9 Nehmen Sie das Verhalten Ihrer Besucher nicht persönlich

Seien Sie nicht beleidigt, wenn der eine die Paprikawürfel aus dem Salat aussortiert, den er kräftig nachgesalzt hat, der andere die Hälfte der Suppe in der Tasse lässt, der dritte noch vor dem letzten Gang aufbricht. Er wird seine Gründe haben – Babysitter auslösen, harter Tag, zu wenig geschlafen, zu viel gearbeitet oder einfach mies drauf. Als Gastgeber sind Sie nicht verantwortlich für Macken und schlechte Laune Ihrer Besucher.

10 Werden Sie lieber Gast

Wenn Sie all das, was Sie jetzt gelesen haben, nervös macht, wenn Sie sich fühlen wie der Patient, dem der Arzt bei der Untersuchung anblufftt, doch jetzt sofort zu entspannen – dann lassen Sie es. Werden Sie lieber Gast. Gute Gäste werden immer gebraucht. Menschen, die genauso viel Spaß an anderen Menschen wie am Essen haben, die neugierig sind, sich gern mit fremden Wesen unterhalten, ihr Handy in der Tasche lassen. Mündige Bürger, die auf ihre Bedürfnisse aufmerksam machen und an den Verdauungsschnaps erinnern, den ich wieder vergessen habe, weil ich selber keine harten Sachen mag, die zum Kühlschrank gehen, um eine neue Flasche Wein oder Wasser zu holen. Die aus ihren kulinarischen Unverträglichkeiten und Abneigungen keinen Glaubenskrieg machen, sondern essen, was geht. Die nicht alle gleichzeitig aufspringen, um zu helfen, und merken, wann es Zeit ist, zu gehen. Sie könnten sich sogar die Stellung jenes gern gesehenen allerersten Gastes erobern, der ein, zwei Stunden früher kommt, beim Tischdecken hilft, und auch später ein Auge auf alles wirft. Damit der Gastgeber sich entspannt seiner höchsten Pflicht widmen kann: den Abend zu genießen.

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