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© David Heerde

Supperclubs: Die geheime Gourmetgesellschaft

Sie verabreden sich im Internet und treffen sich dann in Privatwohnungen – zum Essen. Das Konzept der halblegalen Supperclubs findet immer mehr Anhänger.

„Scheu“ steht auf dem Klebeband, das den Namen auf dem Klingelschild einer Kreuzberger Mietwohnung verdeckt. Ein schüchterner Koch hat hierher zum Essen geladen. Der „Shychef“ ist ein Supperclub, das sind kleine Piratenrestaurants ohne Lizenz in Privatwohnungen. Wer es bis zum Klingelschild schafft, hat zuvor eine persönliche E-Mail-Einladung mit Wegbeschreibung und Verhaltenskodizes für die gezielte Suche erhalten. „Bitte klingelt bei Scheu und sagt niemandem zu wem ihr unterwegs seid“, heißt es in der Mail, die die geheime Adresse mitteilt und „folgt dem Duft des Dinners, wir warten mit einem Aperitif auf euch“. Solche geheimen Wohnlokale gibt es mittlerweile fast überall auf der Welt, in Berlin sind sie ein verhältnismäßig neues Phänomen, auch wenn es iIllegale Restaurants und Kneipen schon ewig gibt. Supperclubs sind allerdings eher etwas für urbane Schatzsucher. „Die Leute müssen uns suchen, die die uns finden, wissen was sie suchen und was sie wollen“, sagt Daniel, der eigentlich anders heißt. Er ist der Gastgeber des Shychef. 21 Fremde begrüßt der Ire heute Abend in einem Kreuzberger Luxusappartement mit Panaromabalkon, serviert Aperitif und findet schnell ins Gespräch mit den Gästen. Australier, Belgier, Schweizer, Norweger und vier Berliner, die meisten aus der Kreativwirtschaft, sind gekommen und sammeln sich schnell in Small-Talk-Runden. „Wie hast du hierher gefunden?“ Internet, Blogsuche, Facebook, Unlike.net, ein alternativer Reiseführer, heißt es. Manchmal auch archaische Mundpropaganda.

Daniel, im Tagesjob Journalist, organisiert die Supperclubs wöchentlich mit wechselnden Küchenchefs. Heute ist sogar Promi-Koch Roberto Cortez dabei. Er ist intime Dinnerrunden gewohnt, Eddie Murphy oder Melanie Griffith gehören zu seinen Kunden. Die mit Blumen dekorierte Tischtafel zählt 21 Gedecke, die nicht so richtig zusammenpassen. Der Charme des Improvisierten passt zur privaten Atmosphäre. Serviert wird ein Fünf-Gänge-Menü begleitet von Weinen für insgesamt 61 Euro. Jeder Gang wird vom Koch persönlich mit einer kullinarischen Mitteilung kredenzt. Das Jasminreismousse mit Lachscarpaccio ruft kollektive Begeisterung hervor.

Auch im Palisaden-Supperclub in Friedrichshain wird perfekt gekocht. Das geschmorte Kaninchen mit Flageoletbohnen, Fenchel und Brotkrumen ist zwar eine simple, aber gekonnt zubereitete Hauptspeise. Andy, Gastgeber und Anhänger der „Farm to table“-Küche, verwendet nur regionale und saisonale Zutaten. Der New Yorker hat zusammen mit seinem Freund Martin in ihre Privatwohnung geladen. Ihr etwa 15 Quadratmeter großes Wohnzimmer ist mit drei schmalen Biertischen zu einem Restaurant umfunktioniert. Menukärtchen liegen auf jedem der 15 Plätze bereit. Getränke darf der Gast selbst mitbringen. 25 Euro kostet hier das Menü.

Ein Besucher erzählt von australischen Freunden, die solche Supperclubs veranstalten, er hat das für eine individuelle Idee gehalten. Tatsächlich sind Supperclubs miteinander vernetzt. The Ghetto Gourmet, ein Online-Netzwerk für Dinnerpartys und alternative Gastronomie, listet neben Flüsterkneipen und Underground-Restaurants viele solcher Supperclubs weltweit. Zunächst waren es Freunde, heute sind es ausschließlich Fremde, die zum Palisaden-Supperclub kommen. Zwei Amerikanerinnen, zwei Generationen, treffen am Dinnertisch zusammen und merken, dass sie im selben Ort geboren sind und dasselbe College besucht haben. Die Gourmetwelt ist eben manchmal klein.

Mehr Informationen im Internet

www.theghet.com

www.jumpingdinner.de

http://palisadensupperclub.

blogspot.com

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