"Feine Sahne Fischfilet": Eine Band kämpft in Rostock gegen Nazis
Jan Gorkow ist vielleicht der einsamste Mensch in Mecklenburg-Vorpommern. Der Sänger tourt mit seiner Band durch den braunen Norden. Er nervt die Neonazis. Beunruhigt den Verfassungsschutz. Und freut sich nicht über jeden Fan. Unser Blendle-Tipp.
Seine Matrjoschka-Tätowierung kann er nicht gleich finden. Jan Gorkow sitzt am Steuer, ein fünf Jahre alter, treuer Kleinbus mit 303 000 Kilometern auf der Uhr. Vorhin noch einmal vollgetankt am Rostocker Warnowufer, nun schon mehr als eine Stunde unterwegs nach Süden. Seit ein paar Minuten hat Gorkow Mecklenburg im Nacken und Brandenburg vor der Nase, der Grenzübertritt wurde beglaubigt von einem Schild am Autobahnrand, das gleichzeitig „Neue Perspektiven“ versprach.
Irgendwo muss die Matrjoschka ja sein. Platz genug am Körper dieses Mannes ist da, „weil ich 140 Kilo wieg’, oder 150, ich wieg’ mich ja nicht“. Ah, genau, war doch am linken Arm, wusst’ er’s doch. Passt da auch viel besser hin als rechts, denn um die Matrjoschka-Puppe herum sind Buchstaben gestanzt, schief und kyrillisch: „Antifa Moskwa“ steht da, und „Druschba“.
Freundschaft mit der „Antifa“, ein Mitbringsel von einer Russlandreise, matschfarben auf Weiß. Angebracht auf dem Oberarm eines mecklenburg-vorpommerschen Eingeborenen, Wohnsitz Rostock.
Jan Gorkows Rostock: Stadt mit Hafen, gesegnet mit dem nahen Meer. Eine Stadt, in der im Neubauviertel Lichtenhagen 1992 ein Ausländerwohnheim tagelang belagert und schließlich angezündet wurde, unter den Augen der Polizei und begleitet vom Beifall Tausender. Deren Nachkommen sorgten gerade wieder dafür, dass eine Asylunterkunft nach monatelangen Provokationen geräumt werden musste und eine andere gar nicht erst in Betrieb genommen wird.
Dort also, wo die Politik, die Sicherheitsbehörden und die Verwaltung sich solchen Sachen beugen, lebt dieser dicke, junge Mann sein Leben. Es pendelt, was seine Weltanschauung angeht, zwischen links und linksaußen. Gorkow muss der einsamste Mensch des Landes sein.
„Ach, mein Leben“, sagt er auf der Autobahn, „da gibt’s nicht so viel zum Rumheulen gerade.“ Das spricht Jan Gorkow, Sänger der Punkrockband Feine Sahne Fischfilet.
„Rauskommen, rumfahren, Auftritte: der Knaller“, sagt er. Wenn er wie an diesem Nachmittag mit seinem Schlagzeug-Kollegen und drei Bühnentechnikern im Auto sitzt und nach Berlin fährt, wo die anderen Bandmitglieder und ein richtiger großer Tourbus mit Betten drin auf sie warten. Er wird sie am Tag darauf nach Hessen zu einem Open-Air-Festival bringen. Sonnabend wird es ins Saarland gehen, am Sonntag nach Bayern. Der Knaller, „wenn du“ – wie im Juni – „’ne halbe Stunde vor Rammstein auf dem Hurricane-Festival spielst. Oder bei Rock am Ring. Oder mit Motörhead auf demselben Plakat stehst“.
Daneben gibt es noch Gorkow, den Staatsfeind...
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Torsten Hampel